Anspruch auf Homeoffice – Kommt das Mobile-Arbeit-Gesetz doch nicht?

Ich möchte Ihnen aus tagesaktuellem Anlass ein kurzes Update zum letztwöchigen Artikel meines Kollegen Herrn Dr. Scharf geben.

Mein Kollege hatte in seinem Artikel in der vergangenen Woche angekündigt:

„Außerdem wird der Bundesarbeitsminister in den nächsten Monaten einen Gesetzesentwurf zum Homeoffice vorlegen, in dem aller Voraussicht nach ein Anspruch auf Tätigkeit im Homeoffice unter bestimmten Voraussetzungen enthalten sein wird. Es bleibt also spannend!“

Der rechtliche Hintergrund

Der Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode hält fest, dass zur Förderung und Erleichterung von mobiler Arbeit ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden soll.

Wörtlich heißt es auf Seite 41 des Koalitionsvertrags:

„Wir wollen mobile Arbeit fördern und erleichtern. Dazu werden wir einen rechtlichen Rahmen schaffen. Zu diesem gehört auch ein Auskunftsanspruch der Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber über die Entscheidungsgründe der Ablehnung sowie Rechtssicherheit für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber im Umgang mit privat genutzter Firmentechnik. Auch die Tarifpartner sollen Vereinbarungen zu mobiler Arbeit treffen.“

Der Gesetzesentwurf – Das Mobile Arbeit Gesetz

Bereits im Laufe des vergangenen Wochenendes nahm das Thema „Anspruch auf Homeoffice“ erheblich an Fahrt auf.
Bundesarbeitsminister Heil ließ in mehreren Zeitungsinterviews verlauten, dass sein Ministerium den Entwurf eines sogenannten „Mobile Arbeit Gesetzes“ fertiggestellt habe.

Das angekündigte „Mobile Arbeit Gesetz“ sehe einen Rechtsanspruch auf 24 Tage Homeoffice pro Arbeitnehmer vor. Arbeitgeber dürften den Wunsch nach mobiler Arbeit nur dann ablehnen, wenn es dafür organisatorische oder betriebliche Gründe gebe. Weiterhin solle das Gesetz vorschreiben, dass die Arbeitszeit im Homeoffice digital dokumentiert werden müsse.

Wie sollte es weitergehen?

Der Gesetzentwurf des BMAS wurde zunächst zur sogenannten Frühkoordination dem Bundeskanzleramt vorgelegt. Danach sollte der Entwurf in den einzelnen Bundesministerien geprüft, ggf. überarbeitet und schließlich im Kabinett verabschiedet werden. Abschließend hätten der Bundestag und der Bundesrat darüber entscheiden sollen, ob der Gesetz-Entwurf zum Gesetz wird.

Wie ging es tatsächlich weiter?

Wer nun mit einem zügigen Durchlaufen des Gesetzgebungsverfahrens gerechnet hat, sieht sich anscheinend getäuscht.
Offenkundig gibt es bereits im Rahmen der Frühkoordination massiven Widerstand gegen das „Mobile Arbeit Gesetz“ vonseiten des Kanzleramtes.

Laut Presseberichten ließ das Kanzleramt verlautbaren, dass der Gesetzentwurf nicht für eine weitere Abstimmung zwischen den Bundesministerien geeignet sei. Zur Begründung verwies das Kanzleramt auf den Koalitionsvertrag, in dem lediglich ein Auskunftsrecht, jedoch kein Rechtsanspruch auf Homeoffice geregelt sei.

Es bleibt abzuwarten, inwiefern der Gesetzesentwurf (möglicherweise in geänderter Form) doch noch die Ressortabstimmung und das weitere Gesetzgebungsverfahren durchlaufen wird.

Aktuell ist somit keinesfalls mit einem schnellen Durchlaufen des Gesetzgebungsverfahrens zu rechnen.
Wir informieren Sie an dieser Stelle über den weiteren Fortgang der Dinge.

Gerne melden Sie sich auch bei unseren Webinaren zum Thema „Homeoffice“ an. Die Termine finden Sie wie immer auf der Eventseite dieser Gruppe.

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht Hamburg erhält man auch unter https://scharf-und-wolter.de/fachanwalt-hamburg/fachanwalt-arbeitsrecht/ sowie unter Anwalt Hamburg

 

Kein Anspruch auf Homeoffice – trotz Corona!

Während der Corona Zeit wurde in vielen Firmen die Tätigkeit im Homeoffice eingeführt. Da dies oft sozusagen über Nacht geschah, haben sich die wenigsten Arbeitgeber Gedanken über rechtliche Fragen gemacht. Urteile gibt es hierzu ebenfalls so gut wie nicht.

Das Arbeitsgericht Augsburg musste sich nun mit der Frage beschäftigten, ob ein Arbeitnehmer während der Corona-Zeit einen Anspruch auf Tätigkeit im Homeoffice haben kann (Urteil vom 07.05.2020 – 3 Ga 9/20).

Der Fall

Der Arbeitnehmer ist 63 Jahre alt und bei seinem Arbeitgeber auf einem Büroarbeitsplatz eingesetzt. Das Büro teilt er sich mit einer Kollegin.

Im April 2020 legte der Arbeitnehmer ein ärztliches Attest vor, aus dem sich aus seiner Sicht ein Anspruch ergab, dass er zukünftig seine Tätigkeit im Homeoffice erbringen dürfe. Alternativ wollte er, dass ihm sein Arbeitgeber ein Einzelbüro zu Verfügung stellt.

Die Entscheidung

Das Gericht entschied zu Gunsten des Arbeitgebers und wies die Anträge des Arbeitnehmers ab.

Trotz Vorlage eines ärztliches Attestes, das eine Tätigkeit im Homeoffice empfehle, gebe es keine Pflicht des Arbeitgebers diesem Verlangen nachzukommen.

Zwar regele § 618 Abs. 1 BGB, dass der Arbeitgeber die Räume, Geräte und die Arbeitsmaterialien so einzurichten und die Tätigkeiten, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln hat, dass seine Arbeitnehmer gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt sind, wie dies möglich sei, allerdings obliege es – so das Arbeitsgericht – allein dem Arbeitgeber, wie er diesen gesetzlichen Verpflichtungen nachkomme.

Wenn der Arbeitgeber hier Maßnahmen ergreifen kann, die auch ohne Homeoffice ausreichend sind um den Arbeitnehmer zu schützen, muss eine Tätigkeit im Homeoffice nicht gewährt werden.

Auch den Anspruch des Arbeitnehmers auf ein Einzelbüro hält das Arbeitsgericht für nicht gegeben. Auch hier obliege es zunächst einmal dem Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz seiner Arbeitnehmer zu treffen. Dies könne aus Sicht des Gerichtes auch in einem Büro mit mehreren Personen erfolgen, wenn entsprechende Schutzvorkehrungen vorhanden sind.

Der Arbeitnehmer hat gegen das Urteil Berufung eingelegt – wir halten Sie auf dem Laufenden.

Der Praxistipp

Auch wenn die Entscheidung aus Arbeitgebersicht zu begrüßen ist, so ist dies sicherlich nicht das letzte Urteil zu diesem Thema. Hinzu kommt, dass es vorliegend um ein einstweiliges Verfügungsverfahren geht in dem die Tatsachen und auch die Rechtsfragen oft nicht sehr tiefgehend geklärt werden, so dass hier – bei einem ausführlicheren Vortrag des Arbeitnehmers und/oder bei einem anderen Arbeitsgericht auch eine andere Entscheidung denkbar gewesen wäre.

Außerdem wird der Bundesarbeitsminister in den nächsten Monaten einen Gesetzesentwurf zum Homeoffice vorlegen, in dem aller Voraussicht nach ein Anspruch auf Tätigkeit im Homeoffice unter bestimmten Voraussetzungen enthalten sein wird. Es bleibt also spannend!

Wenn Sie mehr dazu wissen wollen – was Sie in einer Homeofficevereinbarung regeln sollten, welche Rechte Sie als Arbeitgeber in diesem Bereich haben bzw. welche gesetzlichen Vorschriften Sie einhalten müssen, so empfehle ich Ihnen unser Webinar

„Homeoffice rechtssicher vereinbaren – Fehler vermeiden!“

am 12. November 2020 von 13:30 – 16:00 Uhr. Die Teilnahmegebühr beträgt € 85,—- zzgl. USt. je Teilnehmer. Hierfür erhalten Sie den 2,5stündigen Vortrag sowie ein umfangreiches Skript.

Folgenden Themen werden besprochen:

1. Wie kann der Arbeitgeber Homeoffice anordnen bzw. wann kann der Arbeitnehmer Homeoffice verlangen?

2. Wann und wie kann die Tätigkeit im Homeoffice beendet werden?

3. Arbeitsmittel im Homeoffice – was muss geregelt werden?

4. Arbeitszeit im Homeoffice – was geht, was nicht?

5. Vergütung im Homeoffice – wann muss was bezahlt werden?

6. Datenschutzrechtliche Aspekte der Homeoffice-Arbeit

7. Haftung des Arbeitnehmers im Homeoffice

8. Arbeits- und Gesundheitsschutz / Gesetzliche Unfallversicherung im Homeoffice

9. Kontroll- und Zutrittsrechte des Arbeitgebers

Anmeldungen sind unter dem folgenden Link

https://www.xing.com/events/homeoffice-rechtssicher-vereinbaren-fehler-vermeiden–3106087
oder per Mail an unsere Mitarbeiterin, Frau Klatt (sk@scharf-und-wolter.de) möglich.

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht Hamburg erhält man auch unter https://scharf-und-wolter.de/fachanwalt-hamburg/fachanwalt-arbeitsrecht/ sowie unter Anwalt Hamburg

 

Welche Auswirkungen hat Kurzarbeit auf den Umfang des Urlaubsanspruchs?

In der jüngeren Vergangenheit haben uns mehrere Anfragen von Unternehmen erreicht, ob und wenn ja, welche Auswirkungen Kurzarbeit, die während der Corona Pandemie notwendig geworden ist, auf den Umfang des Urlaubsanspruches von Mitarbeitern hat.

Variante 1 (Anzahl der Arbeitstage bleibt unverändert)

Die Kurzarbeit hat keine Auswirkungen auf den Umfang des Urlaubsanspruchs, wenn sich die Anzahl der Arbeitstage eines während der Kurzarbeit nicht reduziert.

Für die Berechnung des Urlaubsanspruchs kommt es auf die Anzahl der Arbeitstage pro Woche, nicht jedoch auf die reduzierte Arbeitszeit an. Wenn Mitarbeiter vor und während der Kurzarbeit an fünf Tagen die Woche arbeiten, bleibt der Umfang des Urlaubsanspruches unverändert.

Variante 2 (Anzahl der Arbeitstage verringert sich)

Verändert sich während der Kurzarbeitsphase die Anzahl der Arbeitstage ist eine Reduzierung des Urlaubsanspruches grundsätzlich denkbar.

Allerdings existiert bis dato keine unmittelbar anwendbare Rechtsprechung, ob und unter welchen Voraussetzungen sich der Urlaubsanspruch bei konjunkturbedingter Kurzarbeit verringert.

Insofern stehen sich in der Literatur unterschiedliche Rechtsauffassungen gegenüber.

Viele Autoren, die für eine Kürzung des Urlaubsanspruches bei konjunkturbedingter Kurzarbeit argumentieren, ziehen in diesem Zusammenhang Rechtsprechung des EuGH und des BAG zu ähnlich gelagerten Konstellationen heran.

Der EuGH hat bereits mit Urteil vom 08.11.2012, C-229/11, entschieden, dass der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub während einer Phase der Transfer-Kurzarbeit anteilig gekürzt werden kann, ohne dass dies gegen Unionsrecht verstoße. Mitarbeiter in Kurzarbeit seien im Ergebnis mit vorübergehend teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern gleichzusetzen. Hinsichtlich der Teilzeitbeschäftigten sei anerkannt, dass die Verringerung der Anzahl der Wochenarbeitstage zu einer anteiligen Reduzierung des Urlaubsanspruchs führen könne.

Auch das LAG Hamm hat sich mit Urteil vom 30. August 2017, 5 Sa 626/17, mit diesem Problem auseinandergesetzt und ist im Einklang mit dem vorstehenden Urteil des EuGH davon ausgegangen, dass der Urlaubsanspruch bei einer Transferkurzarbeit Null wie bei einem Teilzeitarbeitsverhältnis zeitanteilig zu berechnen und somit zu kürzen ist.

Zuletzt hat der EuGH mit Urteil vom 13.12.2018, C-385/17, festgestellt, dass Mitarbeiter den Urlaubsanspruch nur in Zeiten erwerben können, in denen sie tatsächlich gearbeitet haben. Hierfür spreche, so der EuGH, dass Arbeitnehmer, die sich in Kurzarbeit befinden, die nunmehr gewonnene Zeit nutzen könnten, um sich – anders als erkrankte Mitarbeiter – auszuruhen oder Freizeittätigkeiten nachzugehen.

Befinden sich Mitarbeiter beispielsweise für die Dauer von drei Monaten in Kurzarbeit Null, mindert sich der Jahresurlaubsanspruch danach jeweils um 3/12.

Was müssen Sie als Arbeitgeber tun?

Ungeklärt ist die Frage, ob sich der Urlaubsanspruch automatisch kürzt, ob es hierzu einer Erklärung des Arbeitgebers oder gar einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bedarf.

Ausgehend von der o.g. Rechtsprechung des EuGH ist ein Mitarbeiter, der sich vorübergehend in Kurzarbeit befindet, einem Teilzeitbeschäftigten gleichzustellen.

Verändert sich die Arbeitszeit des Mitarbeiters im laufenden Kalenderjahr, so ist der Urlaubsanspruch für das Kalenderjahr grundsätzlich nach Zeitabschnitten und der Anzahl der Arbeitstage anteilig zu berechnen bzw. umzurechnen.

Das BAG hat dies zuletzt in unterschiedlichen Fallkonstellationen (bei einer unbezahlten Freistellung in Form eines Sabbaticals und bei der Freistellungsphase im Rahmen der Altersteilzeit im Blockmodell) (Urteile vom 19.03.2019, 9 AZR 406/17 und vom 24.09.2019, 9 AZR 481/18), bestätigt.

Die vorstehende Rechtsprechung spricht somit für eine automatische Kürzung bzw. Anpassung des Urlaubsanspruches.
Arbeitgeber sollten die anteilige Kürzung bzw. den Wegfall der Urlaubstage, gleichwohl gegenüber den Mitarbeitern kommunizieren. Da Sie Ihre Mitarbeiter ohnehin rechtzeitig vor dem Jahresende über noch offene Resturlaubsansprüche informieren müssen, und aufzufordern haben, diesen Urlaub zu nehmen, um einen Anspruchsverfall zu verhindern, nutzen Sie diese Information für eine Erklärung der Anpassung des Urlaubsanspruches.

Vorsichtigen Arbeitgebern sei zudem geraten, entsprechende, ausdrückliche Kürzungsregelungen in ihre Musterarbeitsverträge aufzunehmen. Falls Sie in diesem Zusammenhang Unterstützung benötigen oder eine Überarbeitung Ihrer Musterarbeitsvertragsklauseln zum Urlaub wünschen, sprechen Sie uns gerne an.

Praxishinweis

Aufgrund der derzeit noch unklaren Rechtslage und aufgrund der Besonderheiten der Corona Pandemie sollten Sie als Arbeitgeber jeweils bedenken, dass eine Kürzung von Urlaubsansprüchen neben klassischen arbeitsrechtlichen Streitigkeiten auch zu unerwünschten Begleiterscheinungen (u.a. Auswirkung auf die Stimmung und Motivation der Belegschaft) führen kann, was gerade in der aktuellen Zeit nicht zu vernachlässigen sein sollte.
Bei Fragen und Anmerkungen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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Falschangaben in sozialen Netzwerken – wie geht man als Arbeitgeber damit um?

Soziale Netzwerke spielen mittlerweile eine essentielle Rolle im Leben der meisten Arbeitnehmer. So gut wie alles wird geteilt, kommentiert und geliked. Machen wir uns nichts vor – viele dieser Angaben sind zumindest geschönt, wenn nicht sogar falsch. Was können Sie als Arbeitgeber tun, wenn Sie von solchen Falschangaben direkt oder indirekt betroffen sind?

Eines vorweg – die DSGVO bzw. das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) verbietet es Ihnen Social-Media-Profile Ihrer Mitarbeiter einzusehen, sofern diese nicht ausdrücklich berufsbezogen sind. Verstöße gegen dieses Verbot können erhebliche Bußgelder der Aufsichtsbehörden nach sich ziehen. Aus diesem Grund beschränke ich mich im vorliegenden Beitrag auf falsche Angaben bei XING und LinkedIn.

Falsche Qualifikationen

Vergleichsweise klar ist die Lage, wenn ein Mitarbeiter z.B. bei XING Qualifikationen angibt, die er tatsächlich nicht hat. Wurde der Mitarbeiter (zumindest auch) wegen dieser Qualifikation eingestellt, so kann das Arbeitsverhältnis wegen Betruges fristlos gekündigt oder wegen arglistiger Täuschung angefochten werden.
Ein solches Verhalten ist aber nicht nur arbeitsrechtlich relevant, sondern stellt auch ein strafrechtliches Vergehen dar, für das der Mitarbeiter von einem Strafgericht verurteilt und bestraft werden könnte.

Falscher Titel

In einem anderen Forum las ich vor Kurzem, dass ein Mitarbeiter bei XING für sein laufendes Arbeitsverhältnis die Bezeichnung „Head of Content“ angab, obwohl er richtigerweise nur „Content Manager“ war. Der Arbeitgeber fragte sich nun, was er hiergegen tun kann.

Abmahnung

Fraglich ist hier zunächst, ob man wegen dieses Verhaltens den Arbeitnehmer abmahnen kann. Hierzu gibt es bislang – soweit ersichtlich – keine Entscheidungen von Arbeitsgerichten. Klar dürfte allerdings sein, das Sie als Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran haben, dass die Arbeitnehmer ihre Positionen bei Ihnen richtig darstellen. Dieser Anspruch dürfte sich zumindest aus der Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB ergeben.
Zu Dokumentations- und Beweispflichten macht es hier Sinn den Mitarbeiter zunächst unter Hinweis auf den falschen Eintrag nachweisbar aufzufordern, diesen innerhalb einer bestimmten Frist zu ändern. Ggf. kann man in dieser (schriftlichen oder elektronischen) Aufforderung auch bereits darauf hinweisen, dass ihm gegenüber eine Abmahnung ausgesprochen werden muss, wenn eine Änderung nicht erfolgt.

Sollte der Arbeitnehmer hierauf nicht reagieren, so wäre unserer Auffassung nach eine Abmahnung der nächste Schritt. Hiermit schützen Sie im Übrigen auch ihre anderen Mitarbeiter, deren tatsächliche Funktionsbezeichnungen durch ein solches Verhalten von Arbeitnehmern missbraucht bzw. entwertet werden.

Wenn Sie jetzt denken, der beschriebene Verstoß ist doch eher geringfügig und sollte keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen haben, dann bitte ich Sie einmal darüber nachzudenken, warum der o.g. Arbeitnehmer seine Funktion falsch angegeben hat. Im Ergebnis geht es doch darum sich gegenüber potentiellen Arbeitgebern bzw. Recruitern in betrügerischer Weise besser darzustellen um Angebote für Tätigkeiten zu erhalten, die man ansonsten nie bekommen hätte.

Hier geht es also zum einen um einen Straftatbestand (Betrug – § 263 Strafgesetzbuch) und zum anderen darum, dass wir alle als potentielle Arbeitgeber geschädigt werden.

Änderung der Eintrages

Wie setzten Sie jetzt als aktueller Arbeitgeber die Änderung der Funktionsbezeichnung im XING-Profil des Arbeitnehmers durch?

Bei den meisten Arbeitnehmern wird vermutlich bereits die oben beschriebene Aufforderung zum gewünschten Erfolg führen. Weigert sich der Arbeitnehmer weiter, so kann ein direkter Kontakt zu XING weiterführen. Wenn Sie XING den entsprechenden Teil des Arbeitsvertrag zur Verfügung stellen (und andere irrelevante Stellen schwärzen), wird XING hier selbst tätig werden.

Sollte auch dieses nicht weiterführen, so stellt sich die Frage, ob Sie den Änderungsanspruch auch vor dem Arbeitsgericht durchsetzen können. Entscheidungen gibt es hierzu, wie gesagt, bislang nicht; nach unserer Meinung müsste der Änderungsanspruch allerdings durchsetzbar sein.

Nichtanpassung des Arbeitgebers nach dem Ausscheiden

Spannend ist auch die Frage, was man als Arbeitgeber tun soll, wenn ein Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, Sie bei XING oder LInkedIn aber nach wie vor als Arbeitgeber angibt.
Ansprüche können Sie als Arbeitgeber erst dann geltend machen, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtskräftig ist. Wenn Sie also das Arbeitsverhältnis gekündigt haben und derzeit noch ein Kündigungsschutzverfahren läuft, können Sie – auch wenn die Kündigungsfrist bereits abgelaufen ist – sicherlich noch keine „Korrektur“ des XING-Profils verlangen.

Steht die Beendigung jedoch rechtskräftig fest oder wurde keine Kündigungsschutzklage erhoben, so ist auch hier zunächst ein Gespräch bzw. ein Schreiben angebracht, in dem Sie den Arbeitnehmer auf die Situation hinweisen und die Anpassung seines XING-Profils verlangen.

Ggf. kann bereits in diesem oder auch in einem weiteren Schreiben anwaltlich eine Unterlassung verlangt werden und auf gerichtliche Schritte hingewiesen werden. Dies wird regelmäßig ausreichen um die Arbeitnehmer zum Umdenken zu bewegen.

Wird am Ende des Arbeitsverhältnisses eine Aufhebungsvertrag oder ein Vergleich vor Gericht geschlossen, so kann es sinnvoll sein aufzunehmen, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, zum Ablauf der Kündigungsfrist seine Social-Media-Profile entsprechend anzupassen. Teilweise nehmen Firmen auch bereits in den Arbeitsvertrag eine solche Pflicht auf.

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht Hamburg erhält man auch unter https://scharf-und-wolter.de/fachanwalt-hamburg/fachanwalt-arbeitsrecht/ sowie unter Anwalt Hamburg

Taktisch kluges Verhalten im Kündigungsschutzverfahren – So verhalten Sie sich richtig, wenn Sie auf Annahmeverzugslohn in Anspruch genommen werden

Mit Urteil vom 27.05.2020, 5 AZR 387/19, hat das BAG eine äußerst praxisrelevante Entscheidung gefällt, die wichtige Tipps zur Verteidigung gegen Annahmeverzugslohnansprüche enthält.

Der Hintergrund

Nach einer unwirksamen Kündigung geraten Sie als Arbeitgeber in Annahmeverzug und haben dem Arbeitnehmer gemäß § 615 Satz 1 BGB die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste zu vergüten. Gemäß § 615 Satz 2 BGB bzw. § 11 Nr. 2 KSchG muss der Arbeitnehmer sich auf seinen Anspruch jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

Üblicherweise haben Sie als Arbeitgeber insbesondere keine Kenntnis davon, ob und welche Arbeitsvermittlungsangebote einem Arbeitnehmer zwischenzeitlich von der Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter unterbreitet worden sind. Sie stehen als Arbeitgeber somit regelmäßig vor dem Problem nicht beweisen zu können, dass es ein Arbeitnehmer böswillig unterlassen hat, eine andere Beschäftigung einzugehen.

Der Fall

Die Beklagte fordert vom Kläger im Zusammenhang mit einer Klage auf Vergütung wegen Annahmeverzugs widerklagend Auskunft über von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter dem Kläger übermittelte Stellenangebote.
Die Beklagte hatte gegenüber dem Kläger mehrere Kündigungen ausgesprochen. Diese Kündigungen wurden vom Kläger erfolgreich mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien besteht fort. Seit Februar 2013 zahlte die Beklagte keine Vergütung mehr an den Kläger.

Der Kläger erhob Klage auf Zahlung von Vergütung wegen Annahmeverzugs für die Zeit ab Februar 2013 unter Anrechnung bezogenen Arbeitslosengeldes I und II.

Die Beklagte erhob den Einwand, der Kläger habe es böswillig unterlassen, anderweitig Verdienst zu erzielen. In diesem Zusammenhang begehrt die Beklagte vom Kläger mittels Widerklage Auskunft über die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter in der Zeit vom 1. Februar 2013 bis zum 30. November 2015 dem Kläger unterbreiteten Stellenangebote Dritter.

Die Entscheidung

Das BAG gab der Widerklage der Beklagten – wie auch die Vorinstanzen – statt und wies die Revision der Klägerin ab.
Das Gericht stellt hierbei fest, dass Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer, der Vergütung wegen Annahmeverzugs fordert, einen Auskunftsanspruch über die von der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter unterbreiteten Vermittlungsvorschläge habe. Grundlage des Auskunftsbegehrens sei eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis nach § 242 BGB.

Der Auskunftsanspruch nach § 242 BGB setze im Einzelnen voraus:

(1) das Vorliegen einer besonderen rechtlichen Beziehung,

(2) die dem Grunde nach feststehende oder (im vertraglichen Bereich) zumindest wahrscheinliche Existenz eines Leistungsanspruchs des Auskunftsfordernden gegen den Anspruchsgegner,

(3) die entschuldbare Ungewissheit des Auskunftsfordernden über Bestehen und Umfang seiner Rechte sowie

(4) die Zumutbarkeit der Auskunftserteilung durch den Anspruchsgegner.

Schließlich dürften

(5) durch die Zuerkennung des Auskunftsanspruchs die allgemeinen Beweisgrundsätze nicht unterlaufen werden.

Das BAG bejaht das Vorliegen der vorstehenden Voraussetzungen und führt u.a. aus, dass es dem Arbeitgeber unmöglich sei, sich die notwendigen Informationen selbst auf zumutbare, rechtmäßige Weise zu beschaffen. So stehe insbesondere das Sozialgeheimnis nach § 35 SGB I einem direkten Auskunftsverlangen an die Agentur für Arbeit oder an das Jobcenter entgegen.

Ohne einen Auskunftsanspruch würden die gesetzlich vorgesehenen Anrechnungsmöglichkeiten (§ 11 Nr.1 und Nr. 2 KSchG) jedenfalls in Bezug auf anderweitig erzielten Verdienst und Arbeitsmöglichkeiten bei Dritten faktisch leer laufen.

Nach Erteilung der Auskunft über erfolgte Vermittlungsvorschläge sei es noch immer am Arbeitgeber, diese Einwendung (böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes) so substanziell zu begründen, dass sich der Arbeitnehmer im Wege abgestufter Darlegungs- und Beweislast hierzu einlassen könne, weshalb die ihm unterbreiteten Vermittlungsvorschläge unzumutbar waren.

Inhaltlich habe der Kläger Auskunft über die Vermittlungsvorschläge der Agentur für Arbeit und des Jobcenters unter Nennung von Tätigkeit, Arbeitszeit, Arbeitsort und Vergütung zu erteilen.

Das Wichtigste

Eine aus Arbeitgebersicht sehr erfreuliche Entscheidung.

Durch den Auskunftsanspruch erhalten Arbeitgeber, die auf Annahmeverzugslohn in Anspruch genommen werden, ein hilfreiches Instrument um den Einwand, der Arbeitnehmer habe anderweitigen Erwerb böswillig unterlassen, konkret begründen und effektiv einsetzen zu können.

Durch die Geltendmachung des Auskunftsanspruches werden die Chancen auf einen Vergleich zu akzeptablen finanziellen Bedingungen in vielen Konstellationen erheblich steigen können.

Praxistipps

1. Vorsichtigen Arbeitgebern ist zu empfehlen, gekündigte Arbeitnehmer, die gegen die Kündigung Klage eingelegt haben, nach Ablauf der Kündigungsfrist jeweils regelmäßig zur Auskunft über einen anderweitigen Erwerb sowie über erfolgte Vermittlungsversuche der Agentur für Arbeit und/oder des Jobcenters aufzufordern.

2. Das BAG betont, dass die Erhebung einer Widerklage zur Durchsetzung des Auskunftsbegehrens nicht zwangsläufig erforderlich sei.

Ebenfalls möglich sei es, die Auskunft in die Verteilung der Darlegungslast zu integrieren. Die Geltendmachung des Auskunftsbegehrens kann somit auch in den arbeitgeberseitigen Sachvortrag bei der Einwendung nach § 615 S. 2 BGB / § 11 Nr. 2 KSchG (böswillig unterlassener anderweitiger Erwerb) eingebettet werden. Der klagende Arbeitnehmer hätte sich dann hierauf im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast nach § 138 ZPO I und II ZPO konkret einzulassen.

Bei Fragen und Anmerkungen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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