Wie sind Betriebsratsmitglieder zu vergüten? Selbstbereicherung verhindern!

Immer wieder kommen Mandanten mit der oftmals schwierigen Frage auf uns zu, wie BR-Mitglieder für ihre Zeit, in der sie BR-Aufgaben wahrnehmen zu vergüten sind.

Vom Grundsatz her gilt das aus der Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit bekannte sogenannte „Entgeltausfallprinzip“. Es ist als das aufgrund der BR-Tätigkeit „ausgefallene“ Entgelt zu zahlen; das BR-Mitglied ist also so zu vergüten, wie es bezahlt worden wäre, wenn es gearbeitet hätte.

Wären in dieser Zeit dann z.B. Zuschläge für Nachtarbeit angefallen, so sind auch diese zu zahlen. Da Nachtarbeitszuschläge allerdings nur dann steuerbegünstigt sind, wenn die Nachtarbeit auch tatsächlich geleistet wird, müssen diese bei einem BR-Mitglied, dessen Nachtarbeit wegen Betriebsratstätigkeit ausgefallen ist, daher normal versteuert werden. Dies gilt sinngemäß auch für alle anderen Zuschläge.

Sehr spannend ist auch folgender Fall, der immer wieder die Gerichte beschäftigt. Was passiert, wenn ein BR-Mitglied auf seinen Wunsch hin nicht während seiner ursprünglichen Nachtarbeitszeit, sondern tagsüber freigestellt wird um seine BR-Tätigkeit zu erbringen? Dieser Fall kommt häufiger vor als Sie denken, vor allem bei vollständig von der Arbeit freigestellten Arbeitnehmern (bei mehr als 200 Arbeitnehmern ist ein ein BR-Mitglied vollständig von seiner Arbeitspflicht freizustellen). Diese freigestellten BR-Mitglieder sehen die Freistellung als Chance endlich die ungeliebte Nachtarbeit hinter sich zu lassen und sind sich sicher, dass sie ihre Nachtzuschläge weitergezahlt bekommen, da BR-Mitglieder nicht aufgrund ihrer BR-Tätigkeit benachteiligt werden dürfen.

Mit seinem Urteil vom 18.05.2016 (7 AZR 401/14) hat das BAG diesem Verhalten einen Riegel vorgeschoben, indem es geurteilt hat, dass das BR-Mitglied im beschriebenen Fall keine Nachtzuschläge erhält.
Hätte das BR-Mitglied zu dieser Zeit (tagsüber) keine BR-Tätigkeit erbracht und somit tagsüber gearbeitet, so hätte es keine Nachtzuschläge bekommen. Insofern ergibt sich bereits aus dem Entgeltausfallprinzip, dass kein Anspruch auf Zahlung von Nachtzuschlägen besteht.
Auch konnte das BAG keine Benachteiligung des BR-Mitgliedes erkennen, da die Nichtzahlung der Nachtzuschläge nicht auf der Betriebsratsarbeit, sondern auf der Verschiebung der Arbeitszeit beruhe.

Praxistipp

Ein sehr erfrischendes Urteil, das längst überfällig war und nach unserer Auffassung auch auf andere Zuschläge anwendbar ist. Die Mitbestimmung durch den Betriebsrat ist an sich eine sinnvolle Einrichtung setzt allerdings verantwortungsvolle BR-Mitglieder voraus. Leider ist für einen Teil der BR-Mitglieder die Verschaffung von eigenen Vorteilen die einzige Motivation um für den BR zu kandidieren.

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht Hamburg erhält man auch unter https://scharf-und-wolter.de/fachanwalt-hamburg/fachanwalt-arbeitsrecht/ sowie unter https://scharf-und-wolter.de/

BAG: Widerruf von Aufhebungsverträgen möglich? Welche Rolle spielt das Gebot fairen Verhandelns?

Wir hatten Ihnen im April letzten Jahres ein Urteil des LAG Niedersachsen vom 07.11.2017 (10 Sa 1159/16, zitiert nach juris) vorgestellt, in welchem sich das Gericht mit der Frage zu beschäftigen hatte, inwiefern ein Arbeitnehmer einen außerhalb der Geschäftsräume des Arbeitgebers geschlossenen Aufhebungsvertrag gem. § 312g Abs. 1 BGB widerrufen kann.
Nunmehr hat das BAG mit Urteil vom 7. Februar 2019 – 6 AZR 75/18, Pressemitteilung des BAG Nr. 6/19, über die Revision der klagenden Arbeitnehmerin entschieden. Weshalb das Urteil des BAG nur teilweise für Rechtssicherheit sorgt und was für die Personalpraxis wichtig ist, erläutern wir Ihnen im folgenden Beitrag.

Der Hintergrund

§ 312g Abs. 1 BGB gewährt dem Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB.
Nach § 312b Abs. 1 Ziff. 1. BGB sind außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge solche, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist.

Der Fall

Die Klägerin war bei der Beklagten als Reinigungskraft beschäftigt. Sie schloss in ihrer Wohnung mit dem Lebensgefährten der Beklagten einen Aufhebungsvertrag, der die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Zahlung einer Abfindung vorsieht. Anlass und Ablauf der Vertragsverhandlungen sind umstritten. Nach Darstellung der Klägerin war sie am Tag des Vertragsschlusses erkrankt. Sie hat den Aufhebungsvertrag wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung angefochten und hilfsweise widerrufen. Mit ihrer Klage wendet sie sich ua. gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch den Aufhebungsvertrag.

Der Verfahrensgang

Das Arbeitsgericht Celle hat die Klage abgewiesen und entschieden, dass der Aufhebungsvertrag nicht durch Widerruf beseitigt werden konnte. Auch nach der gesetzlichen Neuregelung aus dem Jahre 2014 widerspreche es der Gesetzessystematik, §§ 312 ff. BGB auf arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge anzuwenden. Dagegen spreche schon die im Falle fehlender Widerrufsbelehrung über ein Jahr lang laufende Widerrufsfrist; sie lasse sich nicht mit dem allgemeinen Beschleunigungsinteresse arbeitsrechtlicher Beendigungsstreitigkeiten vereinbaren.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung zum LAG Niedersachsen eingelegt, die in der Sache keinen Erfolg hatte. Arbeitnehmern stehe – so das LAG Niedersachsen – kein Widerrufsrecht nach § 312g BGB zu. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage ließ das LAG Niedersachen die Revision zu.

Das Urteil des BAG

Das BAG stellt zunächst fest, dass das LAG Niedersachen rechtsfehlerfrei erkannt habe, dass dem Vortrag der Klägerin kein Anfechtungsgrund entnommen werden könne und der Widerruf eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrags auf gesetzlicher Grundlage nicht möglich sei. Der Gesetzgeber habe zwar in § 312 Abs. 1 iVm. § 312g BGB Verbrauchern bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden sind, ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB eingeräumt. Auch Arbeitnehmer seien Verbraucher. Im Gesetzgebungsverfahren sei jedoch der Wille des Gesetzgebers deutlich geworden, arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge nicht in den Anwendungsbereich der §§ 312 ff. BGB einzubeziehen.
Gleichwohl hat das BAG die Revision nicht als unbegründet zurückgewiesen, sondern das Urteil des LAG Niedersachsen aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG Niedersachsen zurückverwiesen.

Das LAG habe nicht geprüft, ob das Gebot fairen Verhandelns vor Abschluss des Aufhebungsvertrags beachtet wurde. Dieses Gebot stelle eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht dar. Sie werde verletzt, wenn eine Seite eine psychische Drucksituation schaffe, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erheblich erschwert. Dies könnte hier insbesondere dann der Fall sein, wenn eine krankheitsbedingte Schwäche der Klägerin bewusst ausgenutzt worden wäre. Die Beklagte hätte dann Schadensersatz zu leisten. Sie müsste den Zustand herstellen, der ohne die Pflichtverletzung bestünde (sog. Naturalrestitution, § 249 Abs. 1 BGB). Die Klägerin wäre dann so zu stellen, als hätte sie den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen. Dies führte zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Das LAG wird die Wirksamkeit des Aufhebungsvertrags daher erneut zu beurteilen haben.

Das Wichtigste

Eine Arbeitnehmerin kann einen Vertrag, durch den das Arbeitsverhältnis beendet wird (Aufhebungsvertrag), auch dann nicht widerrufen, wenn er in ihrer Privatwohnung abgeschlossen wurde.
Ein Aufhebungsvertrag kann jedoch unwirksam sein, falls er unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande gekommen ist.
Aus Arbeitgebersicht uneingeschränkt zu begrüßen ist, dass das BAG einer vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Ausweitung des Widerrufsrechts für Verbraucher bei besonderen Vertriebsformen auf den arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrag eine klare Absage erteilt.
Wenig Rechtssicherheit für die Personalpraxis geben allerdings die weiteren Ausführungen des BAG. Auf einen Schadensersatzanspruch aufgrund eines Verstoßes gegen die arbeitsvertragliche Nebenpflicht des fairen Verhandelns stellt das BAG – soweit ersichtlich – erstmalig ab. Aus der Pressemitteilung des BAG ist insbesondere nicht zu entnehmen, was das BAG konkret unter einer (unzulässigen) psychischen Drucksituation versteht. Eine für die Praxis taugliche Abgrenzung wäre hier von erheblicher Bedeutung. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass es in Aufhebungsvertragsverhandlungen sehr häufig zu psychischen Drucksituationen auf Arbeitnehmerseite kommt, die bereits durch das arbeitgeberseitige Ansinnen, das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen zu wollen, hervorgerufen werden. Wir werden Sie hierüber nach Veröffentlichung der Entscheidungsgründe informieren.

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht Hamburg erhält man auch unter https://scharf-und-wolter.de/fachanwalt-hamburg/fachanwalt-arbeitsrecht/ sowie unter Anwalt Hamburg

 

Wann verfällt der Urlaub, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht nimmt? UPDATE

Wir hatten bereits im November 2018 in einem Artikel auf die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 06.11.2018 hingewiesen
https://www.xing.com/communities/posts/arbeitsrecht-fuer-arbeitgeber-1015695635
In den o.g. Entscheidungen hatte der EuGH auf Vorlage des Bundesarbeitsgerichtes entschieden, dass ein Arbeitnehmer die ihm zustehenden Urlaubstage nicht schon allein deshalb verliert, weil er vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses (oder im Bezugszeitraum – also bis zum Ende des Kalenderjahres) keinen Urlaub beantragt hat.
Die Urlaubsansprüche können nur untergehen, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber z. B. durch angemessene Aufklärung tatsächlich in die Lage versetzt wurde, die fraglichen Urlaubstage rechtzeitig zu nehmen, was der Arbeitgeber zu beweisen hat. Nach den Urteilen des EuGH ist der Arbeitgeber aber nicht verpflichtet dem Arbeitnehmer von sich aus auch ohne einen entsprechenden Antrag Urlaub zu gewähren.
In der Folge dieser Entscheidungen des EuGH, die zur Entscheidung nach Deutschland zurückverwiesen wurden, hat das Bundesarbeitsgericht nun einen der beiden Fälle entschieden.

Der Fall

Der Arbeitgeber beschäftigte den Arbeitnehmer vom 01.08.2001 bis zum 31.12.2013 als Wissenschaftler. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte der Arbeitnehmer ohne Erfolg, den von ihm nicht genommenen Urlaub im Umfang von 51 Arbeitstagen aus den Jahren 2012 und 2013 mit einem Bruttobetrag i.H.v. 11.979,26 Euro abzugelten. Einen Antrag auf Gewährung dieses Urlaubs hatte er während des Arbeitsverhältnisses nicht gestellt.
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht hatten der Klage des Arbeitnehmers stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat dazu ausgeführt, dass der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers zwar zum Jahresende verfallen sei. Der Arbeitnehmer könne jedoch Schadensersatz in Form von Ersatzurlaub verlangen, weil der Arbeitgeber seiner Verpflichtung, ihm von sich aus rechtzeitig Urlaub zu gewähren, nicht nachgekommen sei. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe sich der Ersatzurlaubsanspruch in einen Auszahlungsanspruch umgewandelt.

Die Entscheidung

Das BAG hat nach der o.g. Rechtsprechung des EuGH die Entscheidung des LAG abgeändert (Urteil vom 19.02.2019, Az.: 9 AZR 541/15). Der Arbeitgeber sei nicht verpflichtet Zwangsurlaub zu gewähren. Allerdings hat das BAG dem LAG aufgegeben zu prüfen, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraumes erlischt. Das Landesarbeitsgericht wird nach der Zurückverweisung der Sache aufzuklären haben, ob der Beklagte seinen Obliegenheiten nachgekommen ist.

Der Praxistipp

Spätestens nach dieser Entscheidung sollten Sie für das Jahr 2019 absichern, dass Sie Ihre Arbeitnehmer in geeigneten Fällen nachweisbar (Zugang beweisen!) schriftlich auf den noch offenen Urlaubsanspruch und dessen Verfall zum Jahresende bzw. zum Ende des Übertragungszeitraums hingewiesen haben. Aus unserer Sicht sollten Sie damit Anfang der zweiten Jahreshälfte beginnen. Für Rückfragen in konkreten Fällen stehen wir gerne zur Verfügung.

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht Hamburg erhält man auch unter https://scharf-und-wolter.de/fachanwalt-hamburg/fachanwalt-arbeitsrecht/ sowie unter Anwalt Hamburg

Anspruch auf Mindestlohn bei einem Praktikum – Neues vom BAG – Zusätzlich: Wichtige Hinweise zur Abgrenzung Praktikum / Arbeitsverhältnis

Mit Urteil vom 30.01.2019 (5 AZR 556/17, Quelle: Pressemitteilung BAG Nr. 5/19) hat sich das Bundesarbeitsgericht zum Thema Praktikum und Mindestlohn geäußert und hierbei wichtige und hilfreiche Aussagen für die Personalpraxis getroffen.

Rechtlicher Hintergrund

Das Mindestlohngesetz (MiLoG) gilt nach § 22 I 2 ausdrücklich auch für Praktikanten (§ 22 I 2 Nr. 2 MiLoG). Praktikanten haben jedoch u.a. dann keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, wenn sie das Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten und es eine Dauer von drei Monaten nicht übersteigt.

Der Fall

Die Klägerin vereinbarte mit der Beklagten, die eine Reitanlage betreibt, ein dreimonatiges Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung zur Pferdewirtin (freiwilliges Praktikum im Sinne des § 22 I 2 Nr. 2 MiLoG). Das Praktikum begann am 6. Oktober 2015. Die Klägerin putzte und sattelte die Pferde, stellte sie auf ein Laufband, brachte sie zur Weide und holte sie wieder ab, fütterte sie und half bei der Stallarbeit. In der Zeit vom 3. bis 6. November 2015 war die Klägerin arbeitsunfähig krank. Ab dem 20. Dezember 2015 trat sie in Absprache mit der Beklagten über die Weihnachtsfeiertage einen Familienurlaub an. Während des Urlaubs verständigten sich die Parteien darauf, dass die Klägerin erst am 12. Januar 2016 in das Praktikum bei der Beklagten zurückkehrt, um in der Zwischenzeit auf anderen Pferdehöfen „Schnuppertage“ verbringen zu können. Das Praktikum bei der Beklagten endete am 25. Januar 2016. Die Beklagte zahlte der Klägerin während des Praktikums keine Vergütung.

Die Klägerin hat von der Beklagten für die Zeit ihres Praktikums Vergütung in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns in einer Gesamthöhe von 5.491,00 Euro brutto gefordert. Sie hat vorgetragen, die gesetzlich festgelegte Höchstdauer eines Orientierungspraktikums von drei Monaten sei überschritten. Daher sei ihre Tätigkeit mit dem Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde zu vergüten.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen.

Die Entscheidung des BAG

Die Revision der Klägerin hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Ein Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn bestehe nicht, weil das Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung die Höchstdauer von drei Monaten nicht überschritten habe.
Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen sei der Dreimonatszeitraum vorliegend nicht überschritten worden. Die Klägerin habe u.a. in der Zeit vom 20.12.2015 bis zum 11.01.2016, das heißt über einen Zeitraum von 23 Kalendertagen, kein Praktikum geleistet.
Unterbrechungen des Praktikums innerhalb des dreimonatigen Praktikumszeitraums seien möglich, wenn der Praktikant/die Praktikantin hierfür persönliche Gründe habe und die einzelnen Abschnitte sachlich und zeitlich zusammenhingen. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben.
Das Praktikum wurde wegen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit sowie auf eigenen Wunsch der Klägerin für nur wenige Tage unterbrochen und im Anschluss an die Unterbrechungen jeweils unverändert fortgesetzt. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf angemessene Vergütung nach dem Berufsbildungsgesetz hatte aus prozessualen Gründen keinen Erfolg.

Das Wichtigste

– Ein Praktikum kann jedenfalls aus Gründen in der Person des Praktikanten/der Praktikantin rechtlich oder tatsächlich unterbrochen und um die Dauer der Unterbrechungszeit verlängert werden, wenn zwischen den einzelnen Abschnitten ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht und die Höchstdauer von drei Monaten insgesamt nicht überschritten wird.
– Grundsätzlich ist bei der Frage der Vergütungspflicht gegenüber einem Praktikanten auf Folgendes zu achten:
Entscheidend für die Frage, ob der gesetzliche Mindestlohn zu zahlen ist, ist die jeweilige Art des Praktikums.
Ein Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn besteht nicht, wenn das Praktikum als Pflichtpraktikum von der jeweils einschlägigen schulrechtlichen Bestimmung oder einschlägigen Ausbildungs- oder Hochschulordnung vorgeschrieben ist.
Freiwillige Praktika unterliegen dann nicht dem Mindestlohn, wenn sie zur beruflichen Orientierung vor Ausbildungs- oder Studienbeginn absolviert werden und maximal drei Monate andauern.
Zuletzt unterliegen solche Praktika von maximal dreimonatiger Dauer nicht dem Mindestlohn, die begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung geleistet werden, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat.

– Wichtiger Praxistipp: Wann ist ein Praktikant ein Praktikant?

Vorschnell könnte man hier antworten: Wenn ein (entsprechender) Praktikumsvertrag vorliegt oder der Praktikant als ebensolcher eingestellt worden ist.
Doch weit gefehlt. Auf die Bezeichnung des Vertrages als Praktikumsvertrag bzw. die Bezeichnung als Praktikant kommt es gerade NICHT entscheidend an.
Gemäß § 22 I 3 MiLoG ist eine Praktikantin oder ein Praktikant unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht.
Werden die vorbezeichneten Punkte bei der Vertragsausgestaltung und (insbesondere) bei der Vertragsdurchführung nicht berücksichtigt, kann leicht ein sogenanntes Scheinpraktikum vorliegen. Dies hätte wiederum zur Folge, dass der Praktikant tatsächlich Arbeitnehmer ist und neben dem MiLoG auch sämtliche arbeitsrechtliche Schutzvorschriften (z.B. Kündigungsschutz) greifen. Entscheidend dafür, ob „noch“ ein Orientierungspraktikum vorliegt, oder „schon“ ein Arbeitsverhältnis, kann in vielen Fällen die Beantwortung der Frage sein, ob der Praktikant eingesetzt wird, damit er sich ein Bild von der angestrebten beruflichen Tätigkeit machen kann, oder ob der Einsatz erfolgt um einen ansonsten beim Vertragspartner des Praktikanten fehlenden Arbeitnehmer zu ersetzen. Maßgeblich dürfte daher vielfach sein, ob der Vertragspartner andernfalls anstelle des Praktikanten einen anderen Arbeitnehmer einsetzen müsste.
Bei Fragen und Anmerkungen in diesem Zusammenhang sprechen Sie mich gerne an.

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht Hamburg erhält man auch unter https://scharf-und-wolter.de/fachanwalt-hamburg/fachanwalt-arbeitsrecht/ sowie unter Anwalt Hamburg

Änderungen im Teilzeitrecht ab 01.01.2019 – Das müssen Sie als Arbeitgeber wissen (Fortsetzung)

Vor zwei Wochen haben wir Sie erstmalig auf die Anfang 2019 anstehenden Änderungen im Teilzeitrecht hingewiesen und hierbei insbesondere den neu eingeführten Anspruch auf Brückenteilzeit (befristete Teilzeit) vorgestellt.
Eine weitere wichtige Änderung sieht das Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts im Rahmen der Arbeit auf Abruf vor. Durch die Neufassung von § 12 TzBfG soll der Missbrauch von Abrufarbeit, der sich in der Praxis zuletzt insbesondere in den Ausprägungsformen bzw. Begrifflichkeiten Flexicurity und Null-Stunden-Verträge niedergeschlagen hat, bekämpft werden.

Wichtige Änderung bei Fehlen einer wöchentlichen Arbeitszeit

§ 12 Absatz 1 TzBfG schreibt vor, dass bei der Vereinbarung von Arbeit auf Abruf eine wöchentliche Arbeitszeit festzulegen ist.
Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt bisher eine Arbeitszeit von 10 Stunden als vereinbart.
Diese als vereinbart geltende wöchentliche Arbeitszeit wird nunmehr verdoppelt und auf 20 Stunden erhöht. Damit will der Gesetzgeber einen wirksamen Anreiz setzen, tatsächlich eine bestimmte Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit festzulegen.

Praxistipp:

Wenn in Ihrem Unternehmen Abrufarbeitsverhältnisse existieren, sollten Sie die zugrunde liegenden Verträge dringend auf ihre Vereinbarkeit mit der neuen Gesetzeslage überprüfen.
Haben Sie (noch) Arbeitsverträge, die keine wöchentliche Arbeitszeit enthalten, besteht ansonsten die Gefahr, dass Sie als Arbeitgeber Ihre Abrufarbeitnehmer auch ohne Arbeitsleistung für 20 Wochenstunden vergüten müssen.

Zur Klarstellung:

Selbstverständlich bleibt es Ihnen als Arbeitgeber weiterhin unbenommen, im Rahmen der Arbeit auf Abruf eine wöchentliche Arbeitszeit von weniger als 20 Wochenstunden zu vereinbaren. Wichtig ist lediglich, dass jedoch überhaupt eine wöchentliche Arbeitszeit vereinbart wird.
Beschränkung bei der abrufbaren Zusatzarbeit und der Unterschreitung der Arbeitszeit
Um Arbeitnehmern mehr Planungssicherheit bei der Arbeit auf Abruf zu geben, wird zudem die mögliche, abrufbare Zusatzarbeit beschränkt. Der Anteil der bei dieser Arbeitsform einseitig vom Arbeitgeber abrufbaren zusätzlichen Arbeit darf nicht mehr als 25 Prozent der vereinbarten wöchentlichen Mindestarbeitszeit betragen. Bei einer Vereinbarung über die Verringerung der vereinbarten Höchstarbeitszeit beträgt das Volumen entsprechend 20 Prozent der vereinbarten Arbeitszeit.

Zur Veranschaulichung:

Haben Sie im Rahmen eines Abrufarbeitsverhältnisses eine Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche vereinbart, dürften Sie somit minimal 16 Stunden in der Woche und maximal 25 Stunden in der Woche abrufen.

Im neu eingeführten § 12 Absatz 4 TzBfG wird nunmehr geregelt, dass Berechnungsgrundlage für Entgeltfortzahlungsansprüche im Rahmen eines Abrufarbeitsverhältnisses wegen Krankheit/gesetzlicher Feiertage grundsätzlich die Durchschnittarbeitszeit der letzten drei Monate vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder dem gesetzlichen Feiertag sein soll.
Über die Änderungen in § 9 TzBfG (Beweislastverlagerung beim Anspruch unbefristet Teilzeitbeschäftigter auf Verlängerung der Arbeitszeit) werden wir Sie in einem gesonderten Artikel informieren.

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht Hamburg erhält man auch unter https://scharf-und-wolter.de/fachanwalt-hamburg/fachanwalt-arbeitsrecht/ sowie unter Anwalt Hamburg