Wir möchten Sie heute auf eine höchst praxisrelevante Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 25.10.2017, 7 AZR 632/15 zu weit verbreiteten Altersgrenzenregelungen, die eine automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen des Rentenalters vorsehen, hinweisen.

Der Fall

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis wegen Erreichens des Rentenalters des Klägers geendet hat. Der am 07.06.1949 geborene Kläger war seit dem 01.07.2009 als Facharzt für Radiologie für die Beklagte tätig. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält eine Altersgrenzenregelung, wonach das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Altersgrenze für den Bezug einer Regelaltersrente erreicht, endet. Der Kläger hatte diesen Arbeitsvertrag im Mai 2009 unterzeichnet, der Geschäftsführer der Beklagten unterzeichnete den Arbeitsvertrag einen Tag später.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob dem Kläger ein von beiden Parteien unterzeichnetes Arbeitsvertragsexemplar ausgehändigt wurde.
Der Kläger hält die arbeitsvertragliche Altersgrenzenregelung mangels Einhaltung der Schriftform gemäß § 14 IV TzBfG für unwirksam.

Das ArbG Düsseldorf wies die Entfristungsklage des Klägers ab. Die hiergegen vom Kläger eingelegte Berufung blieb ebenfalls erfolglos. Hiergegen wehrt sich der Kläger mit seiner Revision zum Bundesarbeitsgericht.

Der Hintergrund

Für Arbeitsverträge gilt trotz der Pflichten aus dem Nachweisgesetz kein gesetzliches Schriftformerfordernis.
Bei einer Altersgrenzenregelung, die eine automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen des Rentenalters vorsieht und die in tausenden Arbeitsverträgen enthalten ist, handelt es sich nach der Rechtsprechung um eine Befristung des Arbeitsvertrages.
Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit jedoch gemäß § 14 IV TzBfG der Schriftform. Ein Verstoß gegen dieses Schriftformgebot führt wiederum dazu, dass der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt.

Die Entscheidung

Die Revision des klagenden Arbeitnehmers hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg.

§ 14 IV TzBfG setze unter Berücksichtigung seines Schutzzwecks neben der Einhaltung der äußeren Form auch voraus, dass die Befristungsabrede durch die schriftlich abgegebenen Erklärungen zustande gekommen ist. Das Angebot und die Annahme der Befristungsabrede müssten der jeweils anderen Vertragspartei schriftlich zugehen.

Somit ist die gesetzliche Schriftform des § 14 IV TzBfG aus Sicht des BAG nicht schon gewahrt, wenn eine einheitliche Vertragsurkunde von beiden Parteien vor Vertragsbeginn unterzeichnet worden ist. Hat der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber vorformulierte, aber noch nicht unterschriebene Vertragsurkunde unterzeichnet an den Arbeitgeber zurückgegeben, genüge zur Wahrung der Schriftform für die Befristung nicht, dass der Arbeitgeber die Vertragsurkunde seinerseits unterzeichnet. Vielmehr müsse seine schriftliche Annahmeerklärung dem Arbeitnehmer auch zugegangen sein.

Vorliegend sei nicht festgestellt, dass die schriftliche Annahmeerklärung der Beklagten dem Kläger vor Vertragsbeginn zugegangen ist.

Das Wichtigste

Jeder Arbeitsvertrag, der eine Altersgrenzenregelung enthält, bedarf, da es sich hierbei um eine Altersbefristung handelt, gemäß § 14 IV TzBfG der Schriftform.
Grundsätzlich sollten gut gemachte Arbeitsverträge eine solche Altersgrenzenregel enthalten, da das Arbeitsverhältnis ansonsten trotz des Erreichens des Rentenalters des Arbeitnehmers nicht automatisch endet, sondern fortbesteht. Eine Kündigung dürfte in solchen Konstellationen häufig schwierig sein, da es regelmäßig an einem Kündigungsgrund fehlen dürfte.
Durch die besprochene Entscheidung des BAG wird somit für sämtliche Arbeitsverträge quasi durch die Hintertür ein strenges Schriftformerfordernis eingeführt.

Das gesetzliche Schriftformerfordernis findet nur dann keine Anwendung, wenn das Arbeitsverhältnis insgesamt einem einschlägigen Tarifvertrag unterfällt, der eine Befristung vorsieht.
Praxistipp

Klagt der Mitarbeiter rechtzeitig auf Feststellung der Unwirksamkeit der Altersbefristung sind Sie als Arbeitgeber darlegungs- und beweisverpflichtet, was den Nachweis der Schriftform der Befristung und den Zugang der diesbezüglichen Willenserklärungen angeht.
Arbeitgebern ist deshalb dringend zu raten, bereits bei bzw. vor Vertragsschluss entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass der Nachweis erbracht werden kann, dass der vom Arbeitgeber unterzeichnete Arbeitsvertrag dem Arbeitnehmer vor Arbeitsbeginn zugegangen ist.
Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, sprechen Sie mich gerne per E-Mail an (jb@scharf-und-wolter.de).

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