Im vierten und letzten Teil des Themenmonats Aufhebungsvertrag wenden wir uns – wie angekündigt – sozialrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Aufhebungsverträgen zu.
Die Sperrzeitproblematik
Aus Arbeitnehmersicht ist das sozialrechtliche Hauptproblem, dass beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages stets eine Sperrzeit des Arbeitsamtes droht. Wird diese verhängt, so erhält der Arbeitnehmer regelmäßig für zwölf Wochen keine Leistungen und der Anspruch verkürzt sich insgesamt um ¼ der Bezugsdauer. Diese Sperrzeit tritt grundsätzlich immer dann ein, wenn der Arbeitnehmer an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitgewirkt hat. Viele Arbeitnehmer lehnen deshalb den Abschluss eines Aufhebungsvertrages aus Furcht vor der Verhängung einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeldbezug kategorisch ab.
Diese Furcht ist jedoch vielfach unbegründet und kann von Ihnen als Arbeitgeber entkräftet werden. In der Praxis ist es vielmehr möglich, Aufhebungsverträge bei Vorliegen bestimmter tatsächlicher Voraussetzungen so zu gestalten, dass eine Sperrzeit seitens der Agentur für Arbeit nicht verhängt werden wird. Hierbei spielt die Geschäftsanweisung (GA) der Bundesagentur für Arbeit zu § 159 SGB III (Sperrzeit) eine gewichtige Rolle.
Wie eingangs erwähnt droht dem Arbeitnehmer bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeldbezug wegen Arbeitsaufgabe (vgl. § 159 I Nr. 1 SGB III). Eine Sperrzeit wird lediglich dann nicht verhängt, wenn der Arbeitnehmer einen „wichtigen Grund“ für den Abschluss eines solchen Aufhebungsvertrages vorweisen kann.
Was regelt die GA zum Thema Sperrzeit?
Alte Fassung der GA bis Dezember 2016
Ein wichtiger Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages oder für eine Eigenkündigung lag nach der alten Fassung der GA immer dann vor, wenn
– eine Kündigung durch den Arbeitgeber mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt worden ist,
– die drohende Arbeitgeberkündigung auf betriebliche Gründe gestützt würde,
– die Arbeitgeberkündigung zu demselben Zeitpunkt, zu dem das Beschäftigungsverhältnis geendet hat, oder früher wirksam geworden wäre; bei einer einvernehmlichen Freistellung ist für die Beurteilung des wichtigen Grundes das fristgemäße Ende des Arbeitsverhältnisses maßgebend, wenn bis dahin Arbeitsentgelt gezahlt worden ist,
– im Falle der Arbeitgeberkündigung die Kündigungsfrist eingehalten
würde
– der Arbeitnehmer nicht unkündbar war
UND
eine Abfindung von 0,5 Monatsgehältern, mindestens aber 0,25 (noch wesentlicher wirtschaftlicher Vorteil) für jedes Jahr des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitnehmer gezahlt wurde.
Neufassung der GA mit Wirkung seit Dezember 2016
Im Dezember 2016 wurde diese GA geändert und ergänzt.
Für Aufhebungsverträge enthält die Neufassung zwei äußerst praxisrelevante Änderungen:
1. Ein wichtiger Grund bei Eigenlösung des Beschäftigungsverhältnisses und
gleichzeitig drohender Arbeitgeberkündigung liegt auch vor, wenn die drohende
Arbeitgeberkündigung auf personenbezogene (nicht aber verhaltensbedingte)
Gründe gestützt würde.
2. An der Untergrenze von 0,25 Monatsgehältern im Zusammenhang mit der
Zahlung einer Abfindung wurde nicht mehr festgehalten.
Ein wichtiger Grund liegt – sofern die übrigen Voraussetzungen eingreifen – immer dann vor, wenn eine Abfindung von BIS ZU 0,5 Monatsgehältern für jedes Jahr des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitnehmer gezahlt wird (in Anlehnung an § 1a KSchG). In diesem Fall kommt es nicht darauf an, ob die drohende Arbeitgeberkündigung rechtmäßig ist.
Praxishinweis
Die Änderung der GA stellt eine erhebliche Arbeitserleichterung für Arbeitgeber dar. Die neue Fassung der Geschäftsanweisung erweitert den arbeitgeberseitigen Spielraum in Aufhebungsvertragsverhandlungen deutlich und erleichtert insbesondere den Umgang mit in der Person liegenden (insbesondere krankheitsbedingten) Kündigungsgründen.
Durch eine geschickte Gestaltung von Aufhebungsverträgen und Berücksichtigung der Vorgaben der GA können Bedenken von Arbeitnehmern abgebaut und überwunden werden, so dass der Aufhebungsvertrag aus Arbeitgebersicht weiterhin eine große praktische Bedeutung hat.
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass bei Abfindungen von mehr als 0,5 Gehältern pro Beschäftigungsjahr ein wichtiger Grund nicht automatisch seitens der Agentur für Arbeit angenommen wird. Es kommt dann grundsätzlich darauf an, ob die Kündigung rechtmäßig wäre, was jeweils im Einzelfall von der Agentur für Arbeit geprüft wird.
Sozialrechtliche Auskünfte und Hinweise
Auf Sie als Arbeitgeber kommen im Kontext des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages in aller Regel keine unmittelbaren sozialrechtlichen Probleme zu. Schwierigkeiten (z. B. Schadenersatzverpflichtungen) können nur dann auftreten, wenn Sie als Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegenüber sozialrechtliche Auskünfte erteilt, die sich als falsch oder unvollständig erweisen. Wir können Ihnen an dieser Stelle daher nur raten, sich zu diesen Fragestellungen nicht ungefragt zu äußern. Fragt der Arbeitnehmer nach, so sollte auf das Arbeitsamt als kompetente und berufene Auskunftsstelle verwiesen werden.
Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht Hamburg erhält man auch unter https://scharf-und-wolter.de/fachanwalt-hamburg/fachanwalt-arbeitsrecht/ sowie unter Anwalt Hamburg