Nach § 167 SGB IX ist ein Arbeitgeber verpflichtet bei Arbeitnehmern, die in einem Jahr länger als 6 Wochen arbeitsunfähig erkrankt sind ein BEM (Betriebliches Eingliederungsmanagement) durchzuführen. Ziel des BEM ist es herauszufinden, was die Ursachen der Krankheit sind und ob durch Maßnahmen am Arbeitsplatz, durch eine Veränderung der Tätigkeit oder durch medizinische Rehamaßnahmen die Arbeitskraft wiederhergestellt bzw. zukünftige Krankheitszeiten verringert werden können.
Wird das BEM entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nicht durchgeführt, so ist nach der Rechtsprechung eine dennoch ausgesprochene krankheitsbedingte Kündigung zumindest im Ergebnis unwirksam. Zwar folgt die Unwirksamkeit nicht direkt aus dem Gesetz, die Arbeitsgerichte haben die Hürden bezüglich dessen, was ein Arbeitgeber, der kein BEM durchgeführt hat, im Verfahren vortragen muss jedoch so hoch geschraubt, dass diese Anforderungen kein Arbeitgeber erfüllen kann.
Wenn Sie als Arbeitgeber also vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung schon das BEM durchführen müssen, so stellt sich die berechtigte Frage, ob Sie die Informationen die Sie im BEM-Verfahren erlangt haben im Kündigungsschutzverfahren nutzen dürfen.
Diese Frage ist durchaus umstritten, die besseren Argumente und vor allem auch der Grundsatz des rechtssicheren Vorgehens sprechen jedoch dafür, dass eine Nutzung der Daten außer für Zwecke des BEM Verfahrens ausgeschlossen ist. Warum ist das so?
Nach den neuen Vorschriften der DSGVO sowie des BDSG kann die Erhebung und Verarbeitung von Daten während des BEM-Verfahrens nur erfolgen, wenn der Arbeitnehmer diesbezüglich (vorher!) seine Einwilligung erteilt hat (§§ 26 Abs. 2 BDSG i.V.m Art. 7 BSGVO).
Die DSGVO legt jedoch auch fest, dass Daten nur für die festgelegten Zwecke erhoben werden dürfen (Art. 5 Abs. 1 b DSGVO = Zweckbindungsgrundsatz). Dieser Grundsatz bzw. diese gesetzliche Regelung schließt also eine Nutzung für andere Zwecke (also z.B. zur Begründung einer krankheitsbedingten Kündigung aus).
Die einzige Möglichkeit ist hier, dass der Arbeitnehmer Ihnen auch die Einwilligung erteilt, die im BEM-Verfahren gewonnenen Informationen z.B. auch im Kündigungsschutzverfahren zu nutzen. Dies wird er aber kaum tun.
Was passiert, wenn Sie gegen den Zweckbindungsgrundsatz verstoßen?
Bezogen auf das Kündigungsschutzverfahren dürfte dann ein Verwertungsverbot eingreifen, d.h. das Arbeitsgericht wird die von Ihnen in diesem Zusammenhang vorgetragenen Fakten nicht beachten.
Wäre das Verwertungsverbot die einzige Folge, so könnte man als Arbeitgeber die Taktik verfolgen die Daten dennoch zu nutzen, und darauf hoffen, dass das Arbeitsgericht diese Frage anders sieht oder der Grundsatz „Irgendwas bleibt immer hängen“ greift.
Von einem solchen Vorgehen ist jedoch dringend abzuraten, da die DSGVO neben der Möglichkeit des Arbeitnehmers Ihnen gegenüber Schadenersatz geltend zum machen (Art. 82 DSGVO) in Art. 83 die Verhängung von Ordnungsgeldern durch die Aufsichtsbehörde in Höhe von bis zu 20 Mio. € oder 4% des weltweiten Jahresumsatzes vorsieht.
Es bleibt also dabei – Informationen die während des BEM-Verfahrens gewonnen werden, dürfen ausschließlich für BEM-Zwecke verwendet werden!

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht Hamburg erhält man auch unter https://scharf-und-wolter.de/fachanwalt-hamburg/fachanwalt-arbeitsrecht/ sowie unter Anwalt Hamburg