Wer keinen Datenschutzbeauftragten (DSB) benennt, riskiert ein Bußgeld!

Art. 37 DSGVO sieht die Verpflichtung vor unter bestimmten Bedingungen einen DSB zu benennen. Gemäß Art. 84 Abs.4 DSGVO kann gegen einen Verantwortlichen ein Bußgeld in Höhe von bis zu 10 Mio. € bzw. von bis zu 2% des Vorjahresumsatzes verhängt werden, wenn er gegen diese Vorgabe verstößt.

Die Berliner Datenschutzbeauftragte hat nunmehr von ihrem Recht Gebrauch gemacht und dem Telekommunikationsanbieter Rapidata GmbH ein Bußgeld in Höhe von 10.000,— € auferlegt. Nach Meinung der Behörde wurde dieses Bußgeld erforderlich, da das Unternehmen seiner gesetzlichen Auflage zur Benennung des betrieblichen Datenschutzbeauftragten trotz mehrmaliger Aufforderung nicht nachgekommen ist. Bei der Höhe der Geldbuße von 10.000 Euro wurde von der Behörde berücksichtigt, dass es sich hierbei um ein Unternehmen aus der Kategorie der Kleinstunternehmen handelt.

Prüfen Sie daher genau, ob Sie einen DSB benennen müssen oder nicht. Wenn Sie sich hier nicht sicher sind, kommen Sie gerne auf mich zu. Ich berate Sie zu dieser und zu allen datenschutzrechtlichen Fragen.

Selbst wenn Sie jedoch keinen DSB benennen müssen, so sind Sie trotzdem verpflichtet alle Pflichten der DSGVO einzuhalten. So müssen Sie z.B. Bewerbern beim ersten Kontakt und Arbeitnehmer vor Arbeitsbeginn eine Datenschutzerklärung zukommen lassen, müssen ein Verarbeitungsverzeichnis führen und müssen Prozesse für die Erfüllung sämtlicher Betroffenenrechte (Auskunft, Berichtung, Löschung etc.) einführen und dokumentieren. Jeder Verstoß hiergegen kann ein hohes Bußgeld auslösen.

Wenn Sie wissen wollen, ob Sie alle Anforderungen der DSGVO bereits umgesetzt haben oder ob noch Verbesserungsbedarf besteht, so biete ich Ihnen an Ihre Firma diesbezüglich zu auditieren.

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht Hamburg erhält man auch unter https://scharf-und-wolter.de/fachanwalt-hamburg/fachanwalt-arbeitsrecht/ sowie unter Anwalt Hamburg

 

Was tun, wenn der Bewerber gelogen hat? Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung!

Ein Arbeitsverhältnis kann nicht nur durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag beendet werden – in bestimmten Situationen kann auch eine Anfechtung das Arbeitsverhältnis auflösen.
Der am häufigsten vorkommende Fall ist eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB, wenn der Arbeitgeber während des Bewerbungsprozesses durch den Arbeitnehmer unter Vorspiegelung falscher Tatsachen betrogen und dadurch zum Abschluss des Arbeitsvertrages gebracht wurde. Über einen solchen Fall hatte jüngst das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg zu entscheiden (Urteil vom 21.0.2019 – 3 Sa 65/17).

Der Fall

Der Arbeitnehmer hatte sich per E-Mail auf eine Stellenanzeige des Arbeitgebers beworben. Im Rahmen seiner Bewerbung reichte der Kläger einen Lebenslauf ein und füllte einen Personalbogen aus. Aufgrund dieser Unterlagen wurde der Arbeitnehmer schließlich zum 1. Dezember 2014 als Group IT-Direktor zu einem Monatsgehalt von 8.000,00 Euro brutto eingestellt.
Für die Einstellung des Arbeitnehmers ausschlaggebend waren die angegebenen Erfahrungen im Ausland und die damit verbundenen Kenntnisse aus den Jahren 1998 bis 2006.
Aufgrund der unterschiedlichen Schreibweise des Nachnamens des Klägers in den vorgelegten Unterlagen und des Umstandes, dass der Kläger im Gespräch mit dem Personalleiter das Abschlussjahr seines Studiums mit 1997, in späteren Schreiben mit 2001 angegeben hatte, kamen beim Arbeitgeber Zweifel an der Echtheit des vorgelegten Universitätsabschlusszeugnisses des Klägers auf. Im Rahmen ihrer Recherchen stieß die Beklagte auf ein im Internet zugängliches Degree Verify Certificate, das einen Studienbeginn des Klägers im Jahr 1996 auswies. Damit konfrontiert, gab der Kläger an, dass es sich bezüglich des im Lebenslauf und im Personalfragebogen angegebenen Jahrs des Studienabschlusses mit 1997 um einen bloßen Datumsfehler handele und das Abschlussjahr richtigerweise 2001 gewesen sei.
Nachdem der Arbeitnehmer auf Aufforderung des Arbeitgebers keine beglaubigten Abschriften seiner Zeugnisse bzw. Belege der Studienzeiten vorlegen konnte, stellte der Arbeitgeber einen weiteren Backgroundcheck an.

In diesem Rahmen stellte der Arbeitgeber fest, dass der Arbeitnehmer eine massive Straftat im IT-Bereich begangen hatte, die da laute „beabsichtigtes Schadenszufügen zu einem Computer“, „unautorisierter Zugang zu einem Computer mit rücksichtsloser Verursachung eines Schadens und versuchte Inbesitznahme eines gestohlenen Geschäftsgeheimnisses“. Deshalb war der Kläger von Januar 2004 bis Dezember 2006 im Dept of Corrections in St. J. in K. inhaftiert gewesen.
Nachdem der Arbeitnehmer auch zu diesen neuen Erkenntnissen keine Stellung nahm, focht der Arbeitgeber mit Schreiben vom 27. April 2017 sein Arbeitsvertragsangebot vom 27. November 2014 wegen arglistiger Täuschung über Vorbeschäftigungen und Verschweigens einer schwerwiegenden Straftat im IT-Bereich an.

Der Kläger erhob hiergegen Klage zum Arbeitsgericht. Diese gab dem Arbeitnehmer recht und stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Anfechtung des Arbeitgebers beendet wurde.
Das Gericht stellte zur Begründung vor allem darauf ab, dass der Kläger nicht verpflichtet gewesen sei von sich aus seine Haftstrafe zu offenbaren. Gegen diese Entscheidung legte der Arbeitgeber Berufung zum LAG ein.

Die Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht hob das Urteil des Arbeitsgerichts auf und entschied zugunsten des Arbeitgebers.
Dies deswegen, weil der Arbeitgeber aus Sicht des LAG zur Anfechtung des Arbeitsverhältnisses berechtigt war, da er vom Kläger arglistig getäuscht worden sei.
Allerdings könne die Anfechtung – so das Gericht – nicht erfolgreich auf den Umstand gestützt werden, dass der Arbeitnehmer im Jahr 1998 eine Straftat im IT-Bereich begangen und deshalb von 2004 bis 2006 eine dreijährige Freiheitsstrafe in den USA verbüßt habe. Denn eine Offenbarungspflicht bestand für den Arbeitnehmer beim Bewerbungsverfahren im Jahr 2014 nicht mehr. Zu diesem Zeitpunkt hätte der Kläger einen entsprechenden Sachverhalt wegen Ablaufs der Tilgungsfristen nach dem Bundeszentralregistergesetz nicht mehr offenbaren müssen.
Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist aber laut LAG vorliegend deswegen berechtigt, weil der Arbeitnehmer unzutreffende Angaben über seinen beruflichen Werdegang gemacht und dies die Beklagte zu seiner Einstellung veranlasst hat.
Zumindest von 2004 – 2006 (Verbüßung der Haftstrafe) konnte der Kläger entgegen seiner Angaben im Lebenslauf und Personalbogen keine Berufserfahrungen gesammelt haben. Hinzu kommt, dass auch bezüglich der übrigen Zeiten das Gericht aufgrund fehlender Angaben des Arbeitgebers im Verfahren es als erwiesen sah, dass der Kläger hier keine Berufserfahren vorweisen konnte.
Über das Bestehen dieser Berufserfahrungen hattte der Arbeitnehmer den Arbeitgeber arglistig getäuscht.

Praxistipp

Dies Entscheidung macht noch einmal deutlich, dass Sie als Arbeitgeber durchaus die Möglichkeit haben das Arbeitsverhältnis durch Anfechtung zu beenden, sollte sich herausstellen, dass Sie der Arbeitnehmer im Bewerberbungsverfahren bei wesentlichen Fragen, die für die Einstellungsentscheidung ausschlaggebend waren, angelogen hat.
Ebenfalls von Bedeutung im o.g. Verfahren war die (datenschutzrechtliche) Frage, ob der Arbeitgeber zur Durchführung des Background-Checks überhaupt berechtigt war.
Gemäß § 26 Bundesdatenschutzgesetz, darf der Arbeitgeber alle personenbezogenen Daten verarbeiten, die erforderlich sind um das Bewerbungsverfahren ordnungsgemäß durchzuführen und ein Entscheidung über die zu besetzende Stelle zu treffen.

Alle Fragen, an deren Beantwortung der Arbeitgeber bezogen auf die zu besetzende Stelle ein berechtigtes Interesse hat, dürfen gestellt und müssen wahrheitsgemäß beantwortet werden (z.B. Art und Umfang der Berufserfahrung). Bezüglich dieser Fragen, darf der Arbeitgeber die gewünschten Informationen auch über sonstige allgemein zugängliche Informationsquellen erlangen bzw. überprüfen. Insbesondere sind diese auch soziale Medien wie XING oder LinkedIn.
Als Umgehung des Fragerechtes wird es aber angesehen, wenn über solche Quellen (z.B. soziale Netzwerke) Informationen erlangt werden sollen, die zulässigerweise vom Arbeitnehmer nicht hätten erfragt werden dürfen.

Benötigen Sie eine arbeitsrechtlich oder datenschutzrechtliche Beratung oder eine sonstige Unterstützung zum Thema Arbeitsrecht Hamburg, so kommen Sie gerne auf mich zu.

Aus für den gelben Schein?! WICHTIGES UPDATE! Wie soll der Nachweis einer Arbeitsunfähigkeit in Zukunft erfolgen? Ab wann gilt das?

Wir hatten Ihnen bereits am 19.09.2019 berichtet, dass das Bundesministerium für Wirtschaft einen Referentenentwurf für ein Drittes Bürokratieentlastungsgesetz (BEG III) vorgelegt hatte, welcher u.a. die für die Personalpraxis bedeutsame Einführung einer elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorsah.
https://www.xing.com/communities/posts/arbeitsrecht-fuer-arbeitgeber-1017271069
Unter dem vor bezeichneten Link finden Sie eine ausführliche Darstellung der Hintergründe dieses Gesetzesentwurfes.

Zwischenzeitlich ist das Gesetzgebungsverfahren weit fortgeschritten. Zwei Wochen nach dem Bundestag stimmte am 08.11.2019 auch der Bundesrat dem BEG III zu. Zukünftig löst bei gesetzlich Versicherten eine elektronische AU-Bescheinigung somit den bisherigen Krankenschein aus Papier ab. In diesem Zuge werden künftig die Krankenkassen den Arbeitgeber auf Abruf elektronisch über Beginn und Dauer der Arbeitsunfähigkeit der gesetzlich versicherten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer informieren.

Wo wird das geregelt?

Kernstück der Gesetzesänderung ist die Neufassung des § 109 Abs. 1 SGB IV. Die Krankenkasse hat danach eine Meldung zum elektronischen Abruf durch den Arbeitgeber zu erstellen, wenn sie die Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V (Name des Beschäftigten, Beginn und Ende der AU, das Datum der ärztlichen Feststellung der AU und Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung) beinhaltet.

Ab wann gilt das?
Entgegen dem ursprünglichen Referentenentwurf, der ein Inkrafttreten bereits zum 01.01.2021 vorsah, wurde die Einführung der elektronischen AU-Bescheinigung um ein Jahr auf den 01.01.2022 verschoben. Hierdurch will der Gesetzgeber sicherstellen, dass das Verfahren mit ausreichender Vorlaufzeit organisatorisch wie technisch in den Unternehmen implementiert werden kann.
Was hat sich im Gesetzgebungsverfahren noch geändert?
Der Arbeitgeber kann auch einen Dritten (zum Beispiel Steuerberater oder Rechenzentren) mit dem Abruf der Daten beauftragen. Dieser Dritte hat die AU-Meldungen unverzüglich an den Arbeitgeber weiterzuleiten, da die grundsätzlichen Pflichten des Arbeitgebers durch diese Regelung nicht berührt werden.

Was ist weiterhin zu beachten?

Unabhängig von den jetzigen Änderungen zur AU-Bescheinigung, ist es aus Arbeitgebersicht weiterhin notwendig, klare und eindeutige Regelungen zu Anzeige- und Nachweispflichten der Arbeitnehmer bei Krankheiten in Arbeitsverträge oder Betriebsvereinbarungen aufzunehmen.

Neuer Gesetzeswortlaut

Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens kam es noch zu einigen Änderungen in der Neuformulierung des § 109 SGB IV und des § 5 EFZG. Diese lauten zukünftig wie folgt:
§ 109 SGB IV
Meldung der Arbeitsunfähigkeits- und Vorerkrankungszeiten an den Arbeitgeber
(1) Die Krankenkasse hat nach Eingang der Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Fünften Buches eine Meldung zum Abruf für den Arbeitgeber zu erstellen, die insbesondere die folgenden Daten enthält:
1. den Namen des Beschäftigten,
2. den Beginn und das Ende der Arbeitsunfähigkeit,
3. das Datum der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit und
4. die Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung.
In den Fällen, in denen die Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Fünften Buches für einen geringfügig beschäftigten Versicherten erhält, hat sie die Daten nach Satz 1 am Tag des Eingangs für die zuständige Einzugsstelle bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See zum Abruf bereitzustellen. Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See hat nach Anforderung durch den Arbeitgeber diese Daten für den Arbeitgeber bei der zuständigen Krankenkasse abzurufen und unverzüglich an den Arbeitgeber weiterzuleiten. Beauftragt der Arbeitgeber einen Dritten mit dem Abruf, darf dieser die Daten verarbeiten. Unberührt bleibt die Verpflichtung des behandelnden Arztes, dem Versicherten eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit nach § 73 Absatz 2 Satz 1 Nummer 9 des Fünften Buches in Verbindung mit § 5 Absatz 1a Satz 2 des Entgeltfortzahlungsgesetzes auszuhändigen.
(2) Stellt die Krankenkasse auf Grundlage der Angaben zur Diagnose in den Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Fünften Buches und auf Grundlage von weiteren ihr vorliegenden Daten fest, dass die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wegen anrechenbarer Vorerkrankungszeiten für einen Arbeitgeber ausläuft, so übermittelt sie dem betroffenen Arbeitgeber eine Meldung mit den Angaben über die für ihn relevanten Vorerkrankungszeiten. Satz 1 gilt nicht für geringfügig Beschäftigte.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Beschäftigte nach den §§ 8a und 12.
(4) Das Nähere zu den Datensätzen und zum Verfahren regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen in Grundsätzen. Die Grundsätze bedürfen der Genehmigung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft; die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände ist vor der Genehmigung anzuhören.
Änderung des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG)
Nach § 5 Absatz 1 EFZG , wird folgender Absatz 1a eingefügt:
(1a) Absatz 1 Satz 2 bis 5 gilt nicht für Arbeitnehmer, die Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse sind. Diese sind verpflichtet, zu den in Absatz 1 Satz 2 bis 4 genannten Zeitpunkten das Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer feststellen und sich eine ärztliche Bescheinigung nach Absatz 1 Satz 2 oder 4 aushändigen zu lassen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht
1. für Personen, die eine geringfügige Beschäftigung in Privathaushalten ausüben (§ 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch), und
2. in Fällen der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt, der nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt.
Haben Sie Beratungsbedarf zur Arbeitsunfähigkeit, zur Entgeltfortzahlung oder zu einem anderen Thema aus dem Arbeitsrecht Hamburg, so kommen Sie gerne auf uns zu (jb@scharf-und-wolter.de).

(Tarif-)Verhandlungen führen aber richtig!

Die Zahl der Haustarifverträge hat in den letzten Jahren immer mehr zugenommen. Deshalb sehen sich auch immer mehr klein- und mittelständische Unternehmen mit der Herausforderung konfrontiert, Tarifverhandlungen mit einer Gewerkschaft zu führen.
Eines sollte dabei klar sein, die zuständigen Gewerkschaftssekretäre kennen ihr Geschäft und haben umfangreiche Erfahrung darin Verhandlungen zu führen. Viele Arbeitgeber sind mit dieser Situation verständlicherweise überfordert.

Neben einer Vielzahl an rechtlichen Fragen kommt es hierbei vor allem darauf an, gut vorbereitet in die Gespräche zu gehen und einen genauen Plan zu haben, was erreicht werden soll. Wichtig ist daher, dass Sie einen verhandlungserfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht an Ihrer Seite haben, der Ihnen zunächst einmal mitteilt, dass der erste Schritt eine genaue Analyse der eigenen Situation sowie der Situation des Gegners ist.

Sie brauchen einen Überblick, wie Ihre Lohnstruktur ist:
– welche Lohnkosten haben Sie insgesamt?
– welche Zulagen, Sonderzahlungen, Prämien u.ä. werden bei Ihnen gezahlt?
– welche Sachleistungen gibt es bei Ihnen?
– wann gab es die letzte Lohnerhöhung und in welchem Umfang?

Hinzu kommen ggf. weitere Vorteile wie z.B. lange Kündigungsfristen, kürzere Arbeitszeit oder bezahlte Pausen.
Ferner sollte eine Analyse erstellt werden, wie die derzeitige wirtschaftliche Situation Ihrer Firma ist.
In einem zweiten Schritt müssen Sie die einschlägigen Tarifverträge der jeweiligen Gewerkschaft heranziehen und diese rechtlich und finanziell analysieren.

Wenn dies geschehen ist, ist es extrem wichtig mindestens drei Ziele festzulegen:
– welches ist Ihr Eröffnungsangebot?
– welches ist Ihr angestrebtes finanzielles Ziel?
– wo liegt Ihre Schmerzgrenze?
Allerdings ist es nicht ausreichend nur diese Punkte zu definieren, mindestens genauso wichtig ist es gute, möglichst objektive Begründungen zu entwickeln, warum nur dieses die richtigen Ziele sein können. Aus der Analyse von Verhandlungen ist bekannt, dass sich tendenziell immer der durchsetzt, der seine eigene Forderung besser begründen kann und häufig der nachgibt, dessen Begründung schwächer ist.

Die vorstehenden abstrakten Punkte
Analyse der eigenen Situation
Analyse der gegnerischen Situation
Aufstellung der drei Verhandlungsziele
gelten im Übrigen nicht nur für Tarifverhandlungen, sondern sind auch auf Verhandlungen mit dem Betriebsrat sowie mit einzelnen Arbeitnehmern z.B. in einem Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht anzuwenden.

Wir werden in loser Reihenfolge weitere Beiträge zur Vorbereitung und Durchführung von Verhandlungen hier veröffentlichen und hoffen Ihnen damit Anregungen zu geben, wie Sie sich auf solche Situationen besser vorbereiten können.

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht Hamburg erhält man auch unter https://scharf-und-wolter.de/fachanwalt-hamburg/fachanwalt-arbeitsrecht/ sowie unter https://scharf-und-wolter.de/

Sachgrundlose Befristung: Vorbeschäftigungsverbot auch bei acht Jahre zurückliegender Beschäftigung? Neues Urteil des BAG

In unserem heutigen Beitrag berichten wir über eine aktuelle Entscheidung des BAG (Urteil vom 23. Januar 2019 – 7 AZR 733/16 -, Pressemitteilung des BAG Nr. 3/19), in welchem das BAG für die Personalpraxis wichtige Aussagen zum Vorbeschäftigungsverbot bei der sachgrundlosen Befristung getroffen hat.

Der Hintergrund

Nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG kann ein Arbeitsverhältnis für die Gesamtdauer von 2 Jahren ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes befristet werden und innerhalb dieses Zeitraumes bis zu dreimal verlängert werden. Diese Regelung ist für Arbeitgeber sehr interessant, da solche Verträge mit Ende der Befristung einfach auslaufen und nicht gekündigt werden müssen, so dass das Risiko einer Kündigungsschutzklage entfällt.

In § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG ist geregelt, dass eine sachgrundlose Befristung nicht möglich ist, wenn bereits vorher mit dem Arbeitnehmer ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestand (sog. Vorbeschäftigungsverbot).

Das BAG hatte seit dem Jahr 2011 die Meinung vertreten, eine erneute sachgrundlose Befristung sei möglich, wenn die Vorbeschäftigung mehr als drei Jahre zurückliegt. Diese Rechtsprechung war höchst umstritten und führte zu zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 06.06.2018 (1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14). In diesen Urteilen stellte das Gericht fest, dass die Rechtsauffassung des BAG mit dem Gesetz (§ 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG) nicht vereinbar sei. Grundsätzlich führe eine Vorbeschäftigung auch dann zur Unwirksamkeit einer späteren Befristung, wenn diese länger als drei Jahre zurückliegt. Lediglich in besonderen Konstellationen, so das BVerfG, seien Ausnahmen vom Vorbeschäftigungsverbot denkbar. Das Verbot der sachgrundlosen Befristung könne danach insbesondere unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist.

Fraglich ist vorliegend, ab welcher Dauer von einer sehr lange zurückliegenden Vorbeschäftigung ausgegangen werden kann.
Wir hatten vor kurzem über eine Entscheidung des LAG Düsseldorf, Urteil vom 10.10.2018 (Az.: 7 Sa 792/17) berichtet, in dem ein Zeitraum von mehr als fünf Jahren zwischen zwei Arbeitsverhältnissen lag. Das LAG Düsseldorf hat dem Arbeitnehmer Recht gegeben und die Befristung als unwirksam eingestuft. Zwar habe das BVerfG entschieden, dass das Vorbeschäftigungsverbot dann nicht greife, wenn zwischen den beiden Arbeitsverhältnissen ein sehr langer Zeitraum liege; ein Zeitraum von fünf Jahren, der vorliegend zwischen den beiden Befristungen liegt, sei jedoch kein „sehr langer“ Zeitraum.

Der aktuelle Fall

Das BAG hatte über einen ähnlichen Fall zu entscheiden. Hierbei lagen jedoch knapp acht Jahre zwischen den beiden Arbeitsverträgen.
Der Kläger war von März 2004 bis Ende September 2005 als gewerblicher Mitarbeiter bei der Beklagten tätig. Ab Mitte August 2013 stellte die Beklagte den Kläger erneut sachgrundlos befristet für die Zeit bis zum 28. Februar 2014 als Facharbeiter ein. Die Parteien verlängerten die Vertragslaufzeit mehrfach, zuletzt bis zum 18. August 2015. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt nicht geendet hat.

Die Entscheidung

Die Klage hatte in allen drei Instanzen Erfolg. Die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags sei nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, wenn zwischen dem Arbeitnehmer und der Arbeitgeberin bereits acht Jahre zuvor ein Arbeitsverhältnis von etwa anderthalbjähriger Dauer bestanden hat, das eine vergleichbare Arbeitsaufgabe zum Gegenstand hatte.

Nach Auffassung des BAG reiche hierbei ein Zeitraum von acht Jahren nicht aus, um von einem sehr lang zurückliegenden Beschäftigungsverhältnis auszugehen.
Die Arbeitgeberseite könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Befristung im Vertrauen auf die im Jahr 2011 ergangenen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vereinbart zu haben. Sie hätte bei Abschluss der Verträge mit dem Kläger jedenfalls die Möglichkeit in Betracht ziehen müssen, dass die vom BAG vorgenommene verfassungskonforme Auslegung der Norm vor dem BVerfG keinen Bestand haben könnte.

Praxistipp

Aus anwaltlicher Sicht kann vor dem Hintergrund der vorstehenden Rechtsprechung grundsätzlich weiterhin nur dringend davon abgeraten werden, eine erneute sachgrundlose Befristung zu vereinbaren, wenn es irgendwann einmal eine Vorbeschäftigung gegeben hat.
Schließen Sie dennoch einen solchen sachgrundlose befristeten Vertrag, so müssen Sie mit dem Risiko leben, den Mitarbeiter gegen Ihren Willen weiterbeschäftigen oder eine Abfindung zahlen zu müssen.

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht Hamburg erhält man auch unter https://scharf-und-wolter.de/fachanwalt-hamburg/fachanwalt-arbeitsrecht/ sowie unter https://scharf-und-wolter.de/