Anspruch auf Mindestlohn bei einem Praktikum – Neues vom BAG – Zusätzlich: Wichtige Hinweise zur Abgrenzung Praktikum / Arbeitsverhältnis

Mit Urteil vom 30.01.2019 (5 AZR 556/17, Quelle: Pressemitteilung BAG Nr. 5/19) hat sich das Bundesarbeitsgericht zum Thema Praktikum und Mindestlohn geäußert und hierbei wichtige und hilfreiche Aussagen für die Personalpraxis getroffen.

Rechtlicher Hintergrund

Das Mindestlohngesetz (MiLoG) gilt nach § 22 I 2 ausdrücklich auch für Praktikanten (§ 22 I 2 Nr. 2 MiLoG). Praktikanten haben jedoch u.a. dann keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, wenn sie das Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten und es eine Dauer von drei Monaten nicht übersteigt.

Der Fall

Die Klägerin vereinbarte mit der Beklagten, die eine Reitanlage betreibt, ein dreimonatiges Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung zur Pferdewirtin (freiwilliges Praktikum im Sinne des § 22 I 2 Nr. 2 MiLoG). Das Praktikum begann am 6. Oktober 2015. Die Klägerin putzte und sattelte die Pferde, stellte sie auf ein Laufband, brachte sie zur Weide und holte sie wieder ab, fütterte sie und half bei der Stallarbeit. In der Zeit vom 3. bis 6. November 2015 war die Klägerin arbeitsunfähig krank. Ab dem 20. Dezember 2015 trat sie in Absprache mit der Beklagten über die Weihnachtsfeiertage einen Familienurlaub an. Während des Urlaubs verständigten sich die Parteien darauf, dass die Klägerin erst am 12. Januar 2016 in das Praktikum bei der Beklagten zurückkehrt, um in der Zwischenzeit auf anderen Pferdehöfen „Schnuppertage“ verbringen zu können. Das Praktikum bei der Beklagten endete am 25. Januar 2016. Die Beklagte zahlte der Klägerin während des Praktikums keine Vergütung.

Die Klägerin hat von der Beklagten für die Zeit ihres Praktikums Vergütung in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns in einer Gesamthöhe von 5.491,00 Euro brutto gefordert. Sie hat vorgetragen, die gesetzlich festgelegte Höchstdauer eines Orientierungspraktikums von drei Monaten sei überschritten. Daher sei ihre Tätigkeit mit dem Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde zu vergüten.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen.

Die Entscheidung des BAG

Die Revision der Klägerin hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Ein Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn bestehe nicht, weil das Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung die Höchstdauer von drei Monaten nicht überschritten habe.
Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen sei der Dreimonatszeitraum vorliegend nicht überschritten worden. Die Klägerin habe u.a. in der Zeit vom 20.12.2015 bis zum 11.01.2016, das heißt über einen Zeitraum von 23 Kalendertagen, kein Praktikum geleistet.
Unterbrechungen des Praktikums innerhalb des dreimonatigen Praktikumszeitraums seien möglich, wenn der Praktikant/die Praktikantin hierfür persönliche Gründe habe und die einzelnen Abschnitte sachlich und zeitlich zusammenhingen. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben.
Das Praktikum wurde wegen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit sowie auf eigenen Wunsch der Klägerin für nur wenige Tage unterbrochen und im Anschluss an die Unterbrechungen jeweils unverändert fortgesetzt. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf angemessene Vergütung nach dem Berufsbildungsgesetz hatte aus prozessualen Gründen keinen Erfolg.

Das Wichtigste

– Ein Praktikum kann jedenfalls aus Gründen in der Person des Praktikanten/der Praktikantin rechtlich oder tatsächlich unterbrochen und um die Dauer der Unterbrechungszeit verlängert werden, wenn zwischen den einzelnen Abschnitten ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht und die Höchstdauer von drei Monaten insgesamt nicht überschritten wird.
– Grundsätzlich ist bei der Frage der Vergütungspflicht gegenüber einem Praktikanten auf Folgendes zu achten:
Entscheidend für die Frage, ob der gesetzliche Mindestlohn zu zahlen ist, ist die jeweilige Art des Praktikums.
Ein Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn besteht nicht, wenn das Praktikum als Pflichtpraktikum von der jeweils einschlägigen schulrechtlichen Bestimmung oder einschlägigen Ausbildungs- oder Hochschulordnung vorgeschrieben ist.
Freiwillige Praktika unterliegen dann nicht dem Mindestlohn, wenn sie zur beruflichen Orientierung vor Ausbildungs- oder Studienbeginn absolviert werden und maximal drei Monate andauern.
Zuletzt unterliegen solche Praktika von maximal dreimonatiger Dauer nicht dem Mindestlohn, die begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung geleistet werden, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat.

– Wichtiger Praxistipp: Wann ist ein Praktikant ein Praktikant?

Vorschnell könnte man hier antworten: Wenn ein (entsprechender) Praktikumsvertrag vorliegt oder der Praktikant als ebensolcher eingestellt worden ist.
Doch weit gefehlt. Auf die Bezeichnung des Vertrages als Praktikumsvertrag bzw. die Bezeichnung als Praktikant kommt es gerade NICHT entscheidend an.
Gemäß § 22 I 3 MiLoG ist eine Praktikantin oder ein Praktikant unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht.
Werden die vorbezeichneten Punkte bei der Vertragsausgestaltung und (insbesondere) bei der Vertragsdurchführung nicht berücksichtigt, kann leicht ein sogenanntes Scheinpraktikum vorliegen. Dies hätte wiederum zur Folge, dass der Praktikant tatsächlich Arbeitnehmer ist und neben dem MiLoG auch sämtliche arbeitsrechtliche Schutzvorschriften (z.B. Kündigungsschutz) greifen. Entscheidend dafür, ob „noch“ ein Orientierungspraktikum vorliegt, oder „schon“ ein Arbeitsverhältnis, kann in vielen Fällen die Beantwortung der Frage sein, ob der Praktikant eingesetzt wird, damit er sich ein Bild von der angestrebten beruflichen Tätigkeit machen kann, oder ob der Einsatz erfolgt um einen ansonsten beim Vertragspartner des Praktikanten fehlenden Arbeitnehmer zu ersetzen. Maßgeblich dürfte daher vielfach sein, ob der Vertragspartner andernfalls anstelle des Praktikanten einen anderen Arbeitnehmer einsetzen müsste.
Bei Fragen und Anmerkungen in diesem Zusammenhang sprechen Sie mich gerne an.

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht Hamburg erhält man auch unter https://scharf-und-wolter.de/fachanwalt-hamburg/fachanwalt-arbeitsrecht/ sowie unter Anwalt Hamburg

Änderungen im Teilzeitrecht ab 01.01.2019 – Das müssen Sie als Arbeitgeber wissen (Fortsetzung)

Vor zwei Wochen haben wir Sie erstmalig auf die Anfang 2019 anstehenden Änderungen im Teilzeitrecht hingewiesen und hierbei insbesondere den neu eingeführten Anspruch auf Brückenteilzeit (befristete Teilzeit) vorgestellt.
Eine weitere wichtige Änderung sieht das Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts im Rahmen der Arbeit auf Abruf vor. Durch die Neufassung von § 12 TzBfG soll der Missbrauch von Abrufarbeit, der sich in der Praxis zuletzt insbesondere in den Ausprägungsformen bzw. Begrifflichkeiten Flexicurity und Null-Stunden-Verträge niedergeschlagen hat, bekämpft werden.

Wichtige Änderung bei Fehlen einer wöchentlichen Arbeitszeit

§ 12 Absatz 1 TzBfG schreibt vor, dass bei der Vereinbarung von Arbeit auf Abruf eine wöchentliche Arbeitszeit festzulegen ist.
Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist, gilt bisher eine Arbeitszeit von 10 Stunden als vereinbart.
Diese als vereinbart geltende wöchentliche Arbeitszeit wird nunmehr verdoppelt und auf 20 Stunden erhöht. Damit will der Gesetzgeber einen wirksamen Anreiz setzen, tatsächlich eine bestimmte Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit festzulegen.

Praxistipp:

Wenn in Ihrem Unternehmen Abrufarbeitsverhältnisse existieren, sollten Sie die zugrunde liegenden Verträge dringend auf ihre Vereinbarkeit mit der neuen Gesetzeslage überprüfen.
Haben Sie (noch) Arbeitsverträge, die keine wöchentliche Arbeitszeit enthalten, besteht ansonsten die Gefahr, dass Sie als Arbeitgeber Ihre Abrufarbeitnehmer auch ohne Arbeitsleistung für 20 Wochenstunden vergüten müssen.

Zur Klarstellung:

Selbstverständlich bleibt es Ihnen als Arbeitgeber weiterhin unbenommen, im Rahmen der Arbeit auf Abruf eine wöchentliche Arbeitszeit von weniger als 20 Wochenstunden zu vereinbaren. Wichtig ist lediglich, dass jedoch überhaupt eine wöchentliche Arbeitszeit vereinbart wird.
Beschränkung bei der abrufbaren Zusatzarbeit und der Unterschreitung der Arbeitszeit
Um Arbeitnehmern mehr Planungssicherheit bei der Arbeit auf Abruf zu geben, wird zudem die mögliche, abrufbare Zusatzarbeit beschränkt. Der Anteil der bei dieser Arbeitsform einseitig vom Arbeitgeber abrufbaren zusätzlichen Arbeit darf nicht mehr als 25 Prozent der vereinbarten wöchentlichen Mindestarbeitszeit betragen. Bei einer Vereinbarung über die Verringerung der vereinbarten Höchstarbeitszeit beträgt das Volumen entsprechend 20 Prozent der vereinbarten Arbeitszeit.

Zur Veranschaulichung:

Haben Sie im Rahmen eines Abrufarbeitsverhältnisses eine Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche vereinbart, dürften Sie somit minimal 16 Stunden in der Woche und maximal 25 Stunden in der Woche abrufen.

Im neu eingeführten § 12 Absatz 4 TzBfG wird nunmehr geregelt, dass Berechnungsgrundlage für Entgeltfortzahlungsansprüche im Rahmen eines Abrufarbeitsverhältnisses wegen Krankheit/gesetzlicher Feiertage grundsätzlich die Durchschnittarbeitszeit der letzten drei Monate vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder dem gesetzlichen Feiertag sein soll.
Über die Änderungen in § 9 TzBfG (Beweislastverlagerung beim Anspruch unbefristet Teilzeitbeschäftigter auf Verlängerung der Arbeitszeit) werden wir Sie in einem gesonderten Artikel informieren.

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht Hamburg erhält man auch unter https://scharf-und-wolter.de/fachanwalt-hamburg/fachanwalt-arbeitsrecht/ sowie unter Anwalt Hamburg

Muss eine Kündigung einen Kündigungstermin enthalten?

Eine Kündigung birgt ohnehin eine Menge Risiken, insbesondere wenn man sich vor deren Ausspruch nicht von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten lässt.
Besonders ärgerlich ist es jedoch, wenn ein Kündigungsgrund im Prinzip vorliegt, die Kündigung dann aber an formalen Mängeln scheitert. So kann nur dringend dazu geraten werden den Zugang der Kündigung (am besten durch einen Boten aus der Firma) sicherzustellen und die Kündigung entweder durch eine im Handelsregister eingetragene (alleinvertretungsberechtigte) Person unterschreiben zu lassen oder eine Vollmacht im Original beizulegen.

Wie ist es aber mit dem Kündigungstext selber? Einen Grund muss die Kündigung (außer bei Auszubildenden und Frauen während der Schutzfristen) nicht enthalten aber was ist mit der Kündigungsfrist? Das BAG vertritt die Auffassung (Urteil v. 20.01.2016 – 6 AZR 782/14), dass eine Kündigung als empfangsbedürftige Willenserklärung so bestimmt sein muss, dass der Empfänger Klarheit über die Absichten des Kündigenden erhält. Der Kündigungsadressat muss erkennen können, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aus Sicht des Kündigenden beendet sein soll.
Eine Kündigung ganz ohne Datum ist daher in aller Regel unwirksam. Auch reicht es aus Sicht des BAG grundsätzlich nicht zum „nächstmöglichen Termin“ zu kündigen, wenn für den Arbeitnehmer nicht ohne weiteres feststellbar ist, welches die richtige Kündigungsfrist ist.

Praxistipp

Es kann also nur dringend dazu geraten werden, in der Kündigung das Datum, zu dem gekündigt werden soll anzugeben. Auch hier ist allerdings Vorsicht geboten. Wird aufgrund einer fehlerhaften Berechnung die falsche Kündigungsfrist angegeben, so ist die Kündigung (auch während der ersten 6 Monate des Arbeitsverhältnisses) unwirksam, wenn nicht aus der Kündigung ersichtlich ist, dass der Arbeitgeber zum richtigen Termin kündigen wollte.
Wir schlagen daher folgende Formulierung vor:
„Hiermit kündigen wir ordentlich und fristgemäß, das ist nach unserer Berechnung zum ………“

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht Hamburg erhält man auch unter https://scharf-und-wolter.de/fachanwalt-hamburg/fachanwalt-arbeitsrecht/ sowie unter Anwalt Hamburg

Änderungen im Teilzeitrecht – Einführung einer Brückenteilzeit ab 01.01.2019 – Das müssen Sie als Arbeitgeber wissen

Wir möchten Sie in unserem heutigen Artikel auf wichtige gesetzliche Neuerungen im Teilzeitrecht hinweisen, die voraussichtlich ab dem 01.01.2019 in Kraft treten werden und neue erhebliche Herausforderungen für viele Arbeitgeber mit sich bringen werden.
Der Bundestag hat in seiner Plenarsitzung am 18.10.2018 den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Einführung einer Brückenteilzeit und zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts mit den Stimmen der Regierungskoalition unverändert angenommen. Der Bundesrat hat diesen Gesetzesentwurf in seiner Sitzung am 23.11.2018 gebilligt. Das Gesetz kann nun vom Bundespräsidenten unterzeichnet und dann im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Laut Gesetzestext soll es einen Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Die Bundesregierung rechnet mit dem 01.01.2019.

Der Gesetzentwurf beinhaltet im Wesentlichen die folgenden Regelungen:
– Einführung eines Rechts auf befristete Teilzeit (Brückenteilzeit) (§ 9a TzBfG)
– Beweislastverlagerung beim Anspruch unbefristet Teilzeitbeschäftigter auf Verlängerung der Arbeitszeit (§ 9 TzBfG)
– Anpassungen bei der Arbeit auf Abruf (§ 12 TzBfG)

Die Voraussetzungen des neuen Brückenteilzeitanspruchs nach § 9a TzBfG lauten wie folgt:
– Das Arbeitsverhältnis besteht länger als sechs Monate.
– Die Brückenteilzeit kann nur für mindestens ein oder höchstens fünf Jahre genommen werden.
– Besondere Gründe wie Kindererziehung oder die Pflege naher Angehöriger müssen Arbeitnehmer für die Beantragung der Brückenteilzeit nicht geltend machen.
– Der Anspruch besteht nur gegen Arbeitgeber mit mehr als 45 Arbeitnehmern (Auszubildende werden hierbei nicht mitgezählt).
– Arbeitgeber mit 46-200 Arbeitnehmern können den Antrag ablehnen, wenn sich bereits einer pro angefangene 15 Mitarbeiter in Brückenteilzeit befindet (Zumutbarkeitsgrenze).
– Es bestehen keine entgegenstehenden betrieblichen Gründe.
– Das Ende der letzten Brückenteilzeit ist mindestens ein Jahr her.
– Die letzte berechtigte Ablehnung des Arbeitgebers aufgrund entgegenstehender betrieblicher Gründe ist mindestens zwei Jahre her.
– Die letzte berechtigte Ablehnung des Arbeitgebers aufgrund der Zumutbarkeitsregelung ist mindestens ein Jahr her.
– Der Antrag muss drei Monate vor Beginn der geplanten Brückenteilzeit gestellt werden.
– Während der Dauer der Brückenteilzeit kann der Arbeitnehmer weder eine weitere Verringerung noch eine Verlängerung seiner Arbeitszeit verlangen.

Sofern Sie den Brückenteilzeitantrag eines Mitarbeiters wegen entgegenstehender betrieblicher Gründe ablehnen wollen – müssen Sie Folgendes beachten:
Spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Teilzeitarbeit müssen Sie dem Mitarbeiter die Ablehnung seines Antrages schriftlich mitzuteilen.
Die Einhaltung dieser Frist ist für die Arbeitgeberseite somit von herausragender Bedeutung.
Wenn Sie diese Frist verstreichen lassen und dem Mitarbeiter nicht bis spätestens einen Monat vor Beginn eine Entscheidung über seinen Antrag mitteilen, gilt die Brückenteilzeit als nach den Wünschen des Mitarbeiters als festgelegt.

Ein funktionierendes Fristenmanagement ist in diesem Zusammenhang somit unabdingbare Voraussetzung.
Über die Änderungen in § 9 TzBfG Beweislastverlagerung beim Anspruch unbefristet Teilzeitbeschäftigter auf Verlängerung der Arbeitszeit und § 12 TzBfG (Anpassungen bei der Arbeit auf Abruf) werden wir Sie in einem gesonderten Artikel informieren.

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht Hamburg erhält man auch unter https://scharf-und-wolter.de/fachanwalt-hamburg/fachanwalt-arbeitsrecht/ sowie unter Anwalt Hamburg

Die ordentliche Verdachtskündigung – gibt es sie wirklich?

Wenn ein Arbeitnehmer eine Straftat zu Lasten des Arbeitgebers begangen hat (z.B. Diebstahl, Betrug) ist es häufig schwierig diese Tat zu beweisen. Für solche Situation gibt es die sogenannte Verdachtskündigung, nach der ein Arbeitnehmer allein deswegen wirksam gekündigt werden kann, weil der dringende Verdacht besteht, dass er eine Straftat begangen hat.
Da es theoretisch möglich ist, dass hierdurch ein Arbeitnehmer gekündigt wird, der die Tat im Ergebnis nicht begangen hat, sind die Anforderungen der Gerichte an die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung sehr hoch.

Nicht nur muss der Arbeitgeber in einem späteren Kündigungsschutzverfahren erläutern, dass und in welchem Umfang er eigene Ermittlungen durchgeführt sowie, dass sich daraus der dringende Verdacht ergeben hat. Ferner ist Wirksamkeitsvoraussetzung einer Verdachtskündigung, dass der beschuldigte Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung angehört wurde (bzw. eine Anhörung versucht wurde, der Arbeitnehmer hieran aber nicht mitwirken wollte) und Gelegenheit hatte, sich zu den Vorwürfen zu äußern.
Besteht danach nach wie vor der dringende Verdacht, dass der Arbeitnehmer eine Straftat zu Lasten des Arbeitgebers begangen hat, so wird in der Regel eine fristlose Verdachtskündigung ausgesprochen. Sofern ein Betriebsrat besteht, muss dieser sowohl zur Tat- als auch zur Verdachtskündigung angehört werden.
Häufig wird neben der fristlosen Verdachtskündigung aber auch noch eine fristgemäße Verdachtskündigung ausgesprochen. In der Regel sind die Anforderungen an eine ordentliche fristgemäße Kündigung (gemäß § 1 Abs. 2 KSchG) deutlich geringer als an eine außerordentliche fristlose Kündigung, da für letztere ein wichtiger Grund vorliegen muss (§ 626 I BGB), der es dem Arbeitgeber unzumutbar macht, den Ablauf der Kündigungsfrist für eine fristgemäße Kündigung abzuwarten.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (z.B. Urteil v. 21.11.2013 – 2 AZR 797/11) ist dies jedoch bei Verdachtskündigungen anders. Danach sei eine Verdachtskündigung auch als ordentliche Kündigung sozial nur dann gerechtfertigt, wenn Tatsachen vorliegen, die zugleich eine außerordentliche, fristlose Kündigung gerechtfertigt hätten. Dies gelte – so das BAG – zum einen für die Anforderungen an die Dringlichkeit des Verdachts als solchen. In dieser Hinsicht bestehen keine Unterschiede zwischen außerordentlicher und ordentlicher Kündigung. Für beide Kündigungsarten müsse der Verdacht gleichermaßen erdrückend sein. Dies gelte zum anderen für die inhaltliche Bewertung des fraglichen Verhaltens und die Interessenabwägung. Auch im Rahmen von § 1 Abs. 2 KSchG müssten sie zu dem Ergebnis führen, dass das Verhalten, dessen der Arbeitnehmer verdächtig ist, – wäre es erwiesen – sogar eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen würde. Nur unter dieser Voraussetzung sei die Kündigung schon durch den bloßen Verdacht pflichtwidrigen Verhaltens iSv. § 1 Abs. 2 KSchG gerechtfertigt.

Praxistipp

Aus unserer Erfahrung können wir zum einen nur dringend dazu raten, in Fällen in denen einem Arbeitnehmer eine dienstliche Straftat (bei außerdienstlichen Verhalten ist nur ausnahmsweise eine Kündigung möglich) vorgeworfen wird stets auch eine Verdachtskündigung auszusprechen.
Kann vor Gericht erläutert werden, wie Sie als Arbeitgeber ermittelt haben und dass Sie den Arbeitnehmer angehört haben und dennoch weiter der Verdacht des Begehens einer Straftat besteht, so sind die Gericht häufig großzügig zugunsten der Arbeitgeber und setzen keine überzogenen Anforderungen an die Stärke des Verdachtes an.
Auch raten wir trotz der o.g. Entscheidung des BAG neben der fristlosen auch eine fristgemäße Kündigung auszusprechen. Viele Gerichte legen nämlich dennoch geringere Maßstäbe an eine fristgemäße Kündigung an und lassen diese „durchgehen“, auch wenn sie die fristlose Kündigung nicht für wirksam halten.

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht Hamburg erhält man auch unter https://scharf-und-wolter.de/fachanwalt-hamburg/fachanwalt-arbeitsrecht/ sowie unter Anwalt Hamburg