Und was ist, wenn der Arbeitsvertrag keine Befristung enthält?

Man könnte denken, dass es dann ganz einfach ist – schließlich habe ich oben dargelegt, dass Arbeitsverträge sogar mündlich geschlossen werden können. Leider ist die Praxis eine andere, da jeder (gute) Arbeitsvertrag im Ergebnis doch eine Befristung enthält. Warum ist das so?
Jeder Arbeitsvertrag sollte eine Regelung enthalten, dass das Arbeitsverhältnis mit Erreichen des Renteneintrittsalters automatisch endet. Diese Regelung stellt technisch gesehen eine Befristung dar, was dazu führt, dass hier das Schriftformerfordernis gilt. Dies bedeutet, dass im Ergebnis jeder Arbeitsvertrag schriftlich zu schließen ist.

Geht hier eine elektronische Signatur?

Klar ist, dass die einfache und die fortgeschrittene elektronische Signatur nicht ausreichend sind. Was ist aber mit der qualifizierten elektronischen Signatur?
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat mehrfach, zuletzt mit Urteil vom 16.03.2022 (Az. 23 Sa 1133/21) die Meinung vertreten, dass eine Befristung mittels qualifizierter elektronischer Signatur wirksam vereinbart werden kann. Es gibt allerdings auch viele Stimmen in der juristischen Literatur, die dies anders sehen. Hier werden wir abwarten müssen, bis das Bundesarbeitsgericht (ggf. sogar der Europäische Gerichtshof) abschließend entscheidet. Bis dahin können wir aufgrund der anwaltlichen Vorsicht nicht dazu raten, Befristungen mittels qualifizierter elektronischer Signatur zu vereinbaren.
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Während des Arbeitsverhältnisses ist jede Konkurrenztätigkeit zulasten des Arbeitgebers verboten. In stark umkämpften Branchen wollen Arbeitgeber , dass dieses Konkurrenzverbot auch nach Ende eines Arbeitsverhältnisses weitergilt.

Das ist grundsätzlich möglich, wenn ein sogenanntes nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart wird. Hierdurch kann einem Arbeitnehmer für eine Dauer von bis zu zwei Jahren eine Konkurrenztätigkeit untersagt werden, wenn der Arbeitgeber hierfür im Gegenzug eine sogenannte Karenzentschädigung zahlt, die die Hälfte der zuletzt bezogenen Vergütung nicht unterschreiten darf.
Eine solche Vereinbarung ist allerdings nur wirksam, wenn die Vereinbarung schriftlich geschlossen wird und der Arbeitgeber die von ihm unterzeichnete Urkunde dem Arbeitnehmer aushändigt (§ 74 Abs. 1 HGB). Zu der Frage, ob auch hier eine elektronische Signatur möglich ist (dann ohnehin nur die qualifizierte elektronische Signatur) gibt es bislang noch keine arbeitsgerichtlichen Entscheidung. Auch hier kann aus anwaltlicher Sicht also nur zur klassischen Schriftform mit Stift und Papier geraten werden.
Das neue Nachweisgesetz

Wie von uns bereits berichtet
https://www.xing.com/communities/posts/arbeitsrecht-fuer-arbeitgeber-1024177660
wird das neue Nachweisgesetz voraussichtlich zum 01.08.2022 in Kraft treten. Dieses enthält zum einen eine deutliche Ausweitung der Punkte, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nachweisen muss. Weiterhin bleibt es beim Nachweis (wie bisher) bei der Schriftform – die Nutzung der elektronischen Form ist ausdrücklich im Gesetz ausgeschlossen.
Das bedeutet, dass Sie den Nachweis ebenfalls nur klassisch im Original unterzeichnet durch ein Papierdokument erbringen können.
Wenn Sie wissen wollen, wie Sie hier am besten vorgehen, und welche Punkte in dem Nachweisdokument enthalten sein müssen, lege ich Ihnen unser Webinar am 14.07. von 16:00 – 17:30 Uhr an Herz (€ 69 zzgl. USt. pro Teilnehmer):
https://www.xing.com/events/nachweisgesetz-mucke-elefanten-4051829
Abmahnung
Für Abmahnungen gibt ein keine Formvorschriften, sodass auch deren Erstellung in jeglicher elektronischen Form rechtlich möglich ist. Sinnvoll ist stets eine Form, die es in einem späteren Kündigungsschutzverfahren ermöglicht zweifelsfrei zu beweisen, mit welchem konkreten Inhalt die Abmahnung ausgesprochen wurde. Eine mündliche Abmahnung ist daher wenig sinnvoll.
Betriebsratsanhörung
Hier gilt das gleiche wie bei der Abmahnung – es gibt keine Formvorschriften, sodass auch jede elektronische Variante möglich ist. Auch hier kann es aber – wie bei Abmahnungen – auf den späteren Beweis ankommen, sodass ebenfalls mündliche Anhörungen wenig erfolgversprechend sind.

Kündigung/Aufhebungsvertrag

Bei der Kündigung sowie beim Aufhebungsvertrag sieht § 623 BGB ausdrücklich die Schriftform vor. Überdies ist dort geregelt, dass die elektronische Form ausgeschlossen ist. Auch hier müssen also Papier und Stift bemüht werden und selbst eine qualifizierte elektronische Signatur kommt nicht in Betracht. Jeder Verstoß gegen das gesetzliche Schriftformgebot führt automatisch zur Unwirksamkeit der Kündigung. Hinzu kommt, dass Fehler bei der Schriftform von Kündigungen vor dem Arbeitsgericht nicht innerhalb der 3-wöchigen Klagefrist gerügt werden müssen. Ein Arbeitnehmer kann also auch nicht deutlich nach dieser Frist das Arbeitsgericht einschalten und gegen seinen Arbeitgeber klagen, weil die Kündigung nicht schriftlich erfolgte.
Zeugnis
§ 109 Gewerbeordnung schreibt für die Erteilung eines Zeugnisses die Schriftform vor und schließt die elektronische Form ausdrücklich aus. Auch hier bleibt es somit bei der Originalunterschrift.

Und die Beweislage?

Im Streitfall muss vor dem Arbeitsgericht immer derjenige die Tatsachen beweisen, die für ihn günstig ist. Will sich ein Arbeitgeber sich auf die Wirksamkeit einer Kündigung berufen, muss er also die Einhaltung der Schriftform beweisen.
Besonders problematisch kann diese Beweislage bei der Vereinbarung einer Befristung bis zu Erreichung des Renteneintrittsalters sein. Wurde hier eine qualifizierte elektronische Signatur verwendet, wird der Arbeitgeber ggf. 20-30 Jahre später beweisen müssen, dass beide Parteien (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) die Vereinbarung ordnungsgemäß qualifiziert elektronisch signiert haben.
Ob hier ein geeignetes Verfahren verwendet wurde, ob die Signatur tatsächlich von der richtigen Person stammt, die sich ausreichend authentifiziert hat, wird man nur durch ein Gutachten eines IT-Fachmanns beweisen können. Dies wird an sich schon aufwändig und schwierig sein. Komplizierter wird dies zusätzlich dann, wenn der Arbeitgeber seit der damaligen Unterzeichnung sein System zur elektronischen Verwaltung seiner Personalakten bzw. den Anbieter für die elektronischen Signatur (ggf. mehrfach) gewechselt hat.
Auch vor diesem Hintergrund sollte sich jeder Arbeitgeber also genau überlegen, in welcher Situation er ggf. welchen Anbieter für welche Form der elektronische Signatur nutzen will.

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Digital oder analog – wann geht was im Arbeitsrecht? – Teil 1

„Dieselbe Rechtssicherheit – wie das Unterschreiben von Hand“ – so preist ein Anbieter eines Programms, mit dem man elektronisch signieren an, sein Produkt an, aber stimmt das wirklich?
Was bedeutet elektronische Signatur?
Die europäische eIDAS-Verordnung regelt seit 2014 die Arten und die Anforderungen an elektronische Signaturen. Die Verordnung ist auch in Deutschland unmittelbar anwendbares Recht und normiert drei verschiedene Formen solcher Signaturen:

Die einfache elektronische Signatur

Hier werden keine besonderen Ansprüche gestellte, es reicht bereits eine eingescannte Unterschrift oder eine E-Mail aus.
Vergleichbar ist dies mit der sogenannten Textform in § 126b BGB, die vorliegt, wenn eine lesbare Erklärung gegeben ist, die den Ersteller erkennen lässt und die Erklärung dauerhaft gespeichert ist.
Die fortgeschrittene elektronische Signatur
Hier sind die Anforderungen der o.g. Verordnung schon deutlich höher. Eine fortschrittliche elektronische Signatur liegt nur dann vor, wenn die Erklärung
-eindeutig dem Unterzeichner zugeordnet ist;
-diese die Identifizierung des Unterzeichners ermöglicht;
-unter Verwendung elektronischer Signaturerstellungsdaten erstellt wird, die der Unterzeichner mit einem hohen Maß an Vertrauen unter seiner alleinigen Kontrolle verwenden kann;
-die Signatur so mit den auf diese Weise unterzeichneten Daten verbunden ist, dass eine nachträgliche Veränderung der Daten erkennbar ist.

Die qualifizierte elektronische Signatur

Wiederum sind die Anforderungen höher. Hier müssen zusätzlich
-die Signatur mit einer sogenannten qualifizierten elektronischen Erstellungseinheit erstellt werden (in der Regel ein Kartenleser und eine Signaturkarte)
-der Unterzeichner vorher von einem staatlich zugelassenen Vertrauensdiensteanbieter identifiziert werden.
Die Formanforderungen im Arbeitsrecht
Formfreiheit meint, dass es gar keine gesetzlichen Anforderungen an die Form der Erklärung gibt. In solch einem Fall ist auch die mündliche Vereinbarung oder sogar die Einigung durch sogenanntes konkludentes Handeln möglich. Letzteres liegt z.B. vor, wenn ohne vorherige Vereinbarung ein Arbeitnehmer für den Arbeitgeber zu arbeiten beginnt und der Arbeitgeber diesen vergütet. Selbst wenn hier vorab nicht gesprochen worden wäre, wäre alleine durch die beiden Handlungen (Arbeiten und Bezahlung) ein Arbeitsvertrag geschlossen worden,
Die Textform ist in § 126 b BGB geregelt und wurde oben schon dargestellt. Typischer Fall ist die Geltendmachung von Ansprüchen z.B. durch E-Mail, um die arbeitsrechtlichen Ausschlussfristen zu wahren.
Die Schriftform ist in § 126 BGB niedergelegt. Sie meint die eigenhändige Originalunterschrift auf einem einem Papierdokument.
Die elektronische Form wiederum findet sich in § 126 a BGB. Gemeint ist hier die qualifizierte elektronische Signatur wie oben beschrieben. Diese kann nach § 126a BGB die Schriftform in bestimmten Fällen ersetzen.
Schließlich gibt es noch Konstellationen, in denen die elektronische Form vom Gesetz explizit ausgeschlossen wird (dazu mehr in den nachstehenden Fallkonstellationen).

Arbeitsvertrag

Arbeitsverträge können formfrei geschlossen werden – es gibt also keine Formvorschriften. Das bedeutet gleichzeitig, dass Arbeitsverträge grundsätzlich ohne Probleme auch mittels einfacher oder fortgeschrittener Signatur (natürlich auf per qual. elektronischer Signatur) vereinbart werden können.
Das klingt einfach – der Teufel steckt allerdings im Detail!
Befristung

Es ist nämlich so, dass die Probleme beginnen, wenn der Arbeitsvertrag eine Befristung enthält. Eine Befristung ist nur wirksam vereinbart, wenn diese schriftlich vereinbart wurde (§ 14 Abs. 4 TzBfG). Wird hiergegen verstoßen und z.B. die Befristung mündlich vereinbart, so ist die Befristungsabrede unwirksam und man hat ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, von dem man sich nur durch Kündigung trennen kann.
Weiter im Teil 2…

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Nicht ausgestempelte Raucherpausen: Kavaliersdelikt oder Arbeitszeitbetrug?

Ein Mitarbeiter macht Raucherpausen und stempelt sich hierfür nicht aus. Eine in der Praxis immer wieder in den unterschiedlichsten Ausprägungen auftretende Konstellation.
Wir wollen Ihnen heute genau einen solchen Fall nicht dokumentierter Raucherpausen vorstellen, über den das LAG Thüringen, Urteil vom 03.05.2022, 1 Sa 18/21, zitiert nach juris, jüngst zu entscheiden hatte.
Im Fokus steht auch hier naturgemäß die Frage, ob es sich insofern um einen Arbeitszeitbetrug handelt, der den Ausspruch einer Kündigung rechtfertigt.

Was war passiert?

Die Klägerin war seit 1986 im öffentlichen Dienst und hierbei zuletzt als Arbeitsvermittlerin im Jobcenter tätig.
Anfang Januar 2019 stellte die Vorgesetzte der Klägerin Unregelmäßigkeiten bei den Arbeitszeitbuchungen der Klägerin fest. Die Feststellungen betrafen insgesamt 10 Raucherpausen im Zeitraum vom 09.01. bis 16.01.2019 und 18 Raucherpausen vom 17.01. bis 21.01.2019. Ausweislich des Buchungsjournals der Arbeitszeiterfassung hat die Klägerin keine der o.g. Raucherpausen zwischen dem 09.01. und 21.01.2019, sondern jeweils lediglich Beginn und Ende ihrer Arbeitszeit gebucht.

Mit Schreiben vom 22.01.2019 forderte die Beklagte die Klägerin auf, zu den unterlassenen Arbeitszeitbuchungen Stellung zu nehmen. Es entstehe der Eindruck der Arbeitszeitmanipulation. Schließlich habe die Klägerin mit ihrer Unterschrift bestätigt, dass sie am 26.02.2018 durch ihre Teamleiterin zur Erfassung der Arbeitszeit bei Dienstreisen und der Buchung von Pausenzeiten belehrt worden sei. Die Pflicht zur Buchung von Raucherpausen ergebe sich ferner aus § 9 Abs. 3 der Dienstvereinbarung vom 18.01.2012.

Die Klägerin führte hierzu aus, dass die genannten Zeiten zwischen dem 09.01. und 16.01.2019 richtig sein könnten. Als Raucherin benötige sie die entsprechenden Zigarettenpausen. Auch die Zeiten vom 17.01. bis 21.01.2019 wurden nicht in Abrede gestellt. Wörtlich schrieb die Klägerin: „Ich möchte ausdrücklich betonen, dass es mir sehr leidtut, dass ein solcher nachlässiger ‚Schlendrian‘ bei mir eingerissen ist. Ich habe Ihre Mitteilung deshalb sehr ernst genommen und seither jede einzelne Raucherpause ganz genau und minutiös aufgezeichnet. Ein derartiges Verhalten wird sich mit Sicherheit nicht mehr wiederholen, hiervon können Sie ausgehen.“

Die Beklagte sprach daraufhin eine fristlose Kündigung sowie eine hilfsweise fristgerechte Kündigung zum 30.09.2019 aus.
Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage bezüglich der außerordentlichen, fristlosen Kündigung stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die außerordentliche Kündigung sei wegen der von der Klägerin gezeigten Einsicht in ihre Verfehlungen deshalb unwirksam, weil es der Beklagten nicht unzumutbar gewesen sei, die Kündigungsfrist einzuhalten.
Das Arbeitsverhältnis sei jedoch durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung beendet worden, weshalb die Klage im Übrigen abgewiesen worden ist.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung.

Die Entscheidung

Das LAG Thüringen hat die Berufung der Klägerin als unbegründet abgewiesen.
Die ordentliche Kündigung sei als verhaltensbedingte Kündigung wegen beharrlicher Verstöße gegen Dokumentationspflichten und daraus folgenden Arbeitszeitbetrugs gerechtfertigt.
Die Klägerin habe vorsätzlich zu den genannten Zeiten im Januar 2019 Arbeitszeitbuchungen mittels Zeiterfassungskarte entgegen der sie treffenden Pflicht unterlassen. Durch die unterlassenen Buchungen seien täglich bis zu sieben Raucherpausen als bezahlte Arbeitszeit erfasst worden. Das Unterlassen der Buchung sei deshalb rechtserheblich, weil für die Klägerin eine Dokumentationspflicht aus der Dienstvereinbarung zur Flexibilisierung der Arbeitszeit vom 18.01.2012 bestand. In § 9 Abs. 3 der Dienstvereinbarung ist niedergelegt, dass die Arbeitszeit bei jedem Betreten oder Verlassen der Dienstgebäude zu erfassen sei und dies auch für das Erfassen der Pausen inklusive Raucherpausen gelte.
Erfolglos verweise die Klägerin darauf, die Beklagte messe mit zweierlei Maß. Zwar führt die Klägerin an, nur sie habe eine Kündigung erhalten, obwohl sie die Raucherpausen bekanntermaßen stets in einer Gruppe gemacht habe. Aus dem Vortrag der Klägerin sei jedoch schon nicht erkennbar, dass die anderen Mitarbeiter die Raucherpausen nicht erfasst und daher gleichgelagerte und auch nach der Anzahl vergleichbare Pflichtverletzungen begangen hätten.

Auch der Hinweis der Klägerin auf ihre Nikotinsucht verfange nicht. Die Nikotinsucht könne allenfalls die Anzahl der Raucherpausen erklären. Wegen der Inanspruchnahme der Raucherpausen an sich werde der Klägerin jedoch gar kein Vorwurf gemacht. Der Vorwurf beziehe sich ausschließlich auf die im Rahmen der Durchführung von Raucherpausen verletzten Pflichten zur ordnungsgemäßen Dokumentation der Pausenzeiten. Dass die Klägerin durch ihre Nikotinsucht daran gehindert gewesen wäre, ordnungsgemäß ihre Arbeitszeit zu erfassen, trägt die Klägerin selbst nicht vor.
Wegen der Schwere der Pflichtverletzung stelle sich die ordentliche, verhaltensbedingte Kündigung auch nach der durchzuführenden Interessenabwägung als sozial gerechtfertigt dar. Zwar sei die Klägerin bereits seit über 30 Jahren bei der Beklagten beschäftigt. Zu beachten sei zulasten der Klägerin jedoch, dass ihre Pflichtverletzung unter dem Gesichtspunkt des Arbeitszeitbetrugs strafrechtliche Relevanz habe. Auch nach langjähriger Beschäftigungsdauer könne einem verständigen Arbeitgeber nicht zugemutet werden, durch das vorsätzliche Nichterfassen von Pausenzeiten betrogen zu werden. Durch die Möglichkeit, die Arbeitszeit im Rahmen des flexiblen Arbeitszeitmodells selbst zu erfassen, habe die Klägerin einen Vertrauensvorschuss erhalten. Dieses Vertrauen habe die Klägerin missbraucht. Das wiederholte Nichtbuchen von Raucherpausen und das dadurch bedingte Erschleichen bezahlter Pausen durch die Klägerin stelle einen schwerwiegenden Vertrauensbruch dar, der auch nach langjähriger Beschäftigung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertige.

Auch eine vorherige Abmahnung sei nicht erforderlich, da es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handele, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen war. Angesichts der Kenntnis der Klägerin von der sie treffenden Pflicht zur Buchung von Raucherpausen, angesichts der Schwere des Vertrauensbruchs und der auch strafrechtlichen Relevanz ihres Verhaltens konnte die Klägerin nicht davon ausgehen, dass die Beklagte ihr Fehlverhalten hinnehmen und es nicht zum Anlass für eine Kündigung – auch ohne vorherige Abmahnung – nehmen würde.

Das Wichtigste

Ein Arbeitszeitbetrug, bei dem ein Mitarbeiter vortäusche, für einen näher genannten Zeitraum seine Arbeitsleistung erbracht zu haben, obwohl dies tatsächlich nicht oder nicht in vollem Umfang der Fall ist, stellt eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung dar und erfüllt an sich den Tatbestand des wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB. Dasselbe gelte für den Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber sonst kaum sinnvoll kontrollierbare Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren. Dabei komme es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung, sondern auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruch an.
Auch die hartnäckige Missachtung der Anweisung, bei Raucherpausen auszustempeln, ist geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu begründen.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz kann im Rahmen der Interessenabwägung dann zugunsten eines Arbeitnehmers zu berücksichtigen sein, wenn der Arbeitgeber in der Vergangenheit bei bestimmten Pflichtverletzungen stets und nicht nur wegen der Besonderheiten des Einzelfalls keine kündigungsrechtlichen Konsequenzen gezogen hat oder wenn der Arbeitgeber bei gleichgelagerten Pflichtverletzungen willkürlich einen von mehreren vergleichbar beteiligten Arbeitnehmern herausgreift. Der Arbeitnehmer hat die gleichgelagerten Pflichtverletzungen, die trotz Kenntnis des Arbeitgebers von diesem nicht zur Grundlage kündigungsrechtlicher Konsequenzen gegenüber den übrigen Mitarbeitern gemacht werden konkret darzulegen.
Eine Nikotinsucht mag allenfalls die Anzahl der Raucherpausen erklären, nicht jedoch die Verletzung der Pflichten zu deren ordnungsgemäßer Dokumentation.
Bei bewusst falschen Angaben hinsichtlich der Arbeitszeit oder bei mehrfachen nicht unerheblichen Falschaufzeichnungen bedarf es in der Regel nicht noch einer vergeblichen Abmahnung.

Praxistipps

Die vorliegende Entscheidung unterstreicht, dass Arbeitsgerichte beim Thema „Arbeitszeitbetrug“ häufig tendenziell arbeitgeberfreundlich entscheiden.
Allerdings sind stets die Besonderheiten des Einzelfalls intensiv zu prüfen und aufzubereiten.
Hierbei sind zunächst die jeweils zugrunde liegenden Sachverhalte (z.B. Verstöße gegen die Dokumentationspflicht (hier z.B.: Raucherpausen ohne Auszustempeln)) von Ihnen als Arbeitgeber möglichst vollständig aufzuklären und möglichst umfassend zu dokumentieren.
Umsichtige Arbeitgeber sollten beim Thema Arbeitszeitbetrug auch immer an das Stichwort „Verdachtskündigung“ denken und den Arbeitnehmer zu den gegen ihn bestehenden Verdachtsmomenten im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung anhören (zum Thema Arbeitszeitbetrug verweise ich auch auf die grundlegenden Ausführungen meines Kollegen Dr. Alexander Scharf in unserem Artikel aus der vergangenen Woche).
Hervorzuheben ist, dass in vergleichbaren Konstellationen von Ihnen als Arbeitgeber insbesondere darzulegen ist, dass bzw. wodurch der Arbeitnehmer die Regelungen kannte, aus der sich für ihn eine Dokumentationspflicht die Arbeitszeit bzw. die Arbeitszeitunterbrechungen betreffend ergibt.

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Müssen Arbeitgeber alle Mitarbeiter unabhängig von einer bekannten Schwerbehinderung auf den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen hinweisen? Wichtiges neues Urteil des BAG

Das BAG hat sich in einer aktuellen Entscheidung mit den Auswirkungen der neuen Rechtsprechung des EuGH und BAG zum Verfall von Urlaubsansprüchen auf den Zusatzurlaubsanspruch für schwerbehinderte Menschen auseinandergesetzt (Urteil vom 30.11.2021, 9 AZR 143/21) und gibt hierbei wichtige Hinweise für die Personalpraxis.

Der Hintergrund

Wir hatten bereits mehrfach auf die neue Rechtsprechung des EuGH und des BAG zum Verfall von Urlaub hingewiesen. Urlaubsansprüche können danach grundsätzlich nur dann untergehen, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber z. B. durch angemessene Aufklärung tatsächlich in die Lage versetzt wurde, die fraglichen Urlaubstage rechtzeitig zu nehmen, was der Arbeitgeber zu beweisen hat.

Für den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen stellt sich in diesem Zusammenhang u.a. die Frage, ob die arbeitgeberseitige Hinweis- und Mitwirkungsobliegenheit generell einen Hinweis auf einen Zusatzurlaub umfassen muss, auch wenn Ihnen als Arbeitgeber die Schwerbehinderung gar nicht bekannt ist.

Der Fall

Der Kläger verlangt die Abgeltung von Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen aus den Jahren 2016 bis 2018.

Der Kläger war von August 2016 bis zum 15. Februar 2019 bei der Beklagten als Sicherheitskraft beschäftigt. Er kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 3. Januar zum 15. Februar 2019 selbst.

Der Kläger ist seit Oktober 2014 als schwerbehinderter Mensch mit einem GdB von 50 anerkannt. Es ist streitig, ob der Beklagten bereits im August 2016 die Schwerbehinderung des Klägers bekannt war.

Die Beklagte hat den Kläger weder aufgefordert, Urlaub zu nehmen, noch hat sie ihn darauf hingewiesen, dass nicht beantragter Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfallen kann.

Nach Ausspruch der Kündigung verlangte der Kläger vergeblich die teilweise Gewährung und Abgeltung von zwölf Tagen Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen (für 2016 anteilig zwei Tage, für 2017 und 2018 jeweils fünf Tage). Dem Urlaubsantrag hatte der Kläger eine Kopie seines Schwerbehindertenausweises beigefügt.

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger die Abgeltung seines Zusatzurlaubs aus den Jahren 2016 bis 2018 verlangt. Der Zusatzurlaub sei nicht verfallen, weil die Beklagte ihren Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten nicht nachgekommen sei. Unabhängig davon habe er die Beklagte bereits bei seiner Einstellung im August 2016 über seine Schwerbehinderung informiert.

Die Klage hatte erstinstanzlich Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten wurde das erstinstanzliche Urteil vom Landesarbeitsgericht Mainz aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Die Entscheidung

Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des zweitinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreites an das Landesarbeitsgericht.

1. Zwar habe der Kläger grundsätzlich einen Anspruch auf Zusatzurlaub nach dem SGB IX auch für die Jahre 2016 bis 2018. Die Zusatzurlaubsansprüche seien unabhängig davon, ob die Beklagte von der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers Kenntnis hatte, entstanden und auch nicht durch Erfüllung erloschen.

2. Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung setzte jedoch voraus, dass zum Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein offener Anspruch auf Zusatzurlaub bestand, der wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden konnte. Ob der Anspruch des Klägers auf Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen bereits mit dem Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres erloschen sei, stehe bisher jedoch nicht fest.

3. Die Befristung des Anspruchs auf Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen setze, wie die des gesetzlichen Mindesturlaubs, grundsätzlich voraus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch Erfüllung seiner Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten in die Lage versetzt hat, den Urlaubsanspruch zu verwirklichen.

Seien die Voraussetzungen eines Zusatzurlaubsanspruches nach dem SGB IX erfüllt, habe der Arbeitgeber an der Verwirklichung des Zusatzurlaubs mitzuwirken.

4. Allerdings wären die Befristung bzw. der Verfall des Zusatzurlaubsanspruchs nicht von der Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten abhängig, wenn es dem Arbeitgeber unmöglich war, den Arbeitnehmer durch seine Mitwirkung in die Lage zu versetzen, den Zusatzurlaub zu realisieren.

Hiervon sei nicht nur auszugehen, wenn der Arbeitnehmer allein aufgrund einer langandauernden Erkrankung daran gehindert war, den Urlaub in Anspruch zu nehmen, sondern auch, wenn es dem Arbeitgeber trotz gebotener Sorgfalt nicht möglich war, seine Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten zu erfüllen, z.B. weil dem Arbeitgeber die Schwerbehinderung nicht bekannt und/oder nicht offenkundig war.

5. Vorliegend müsse das Landesarbeitsgericht jedoch noch aufklären, ob die Beklagte Kenntnis von der Schwerbehinderung hatte. Hierbei sei von folgenden Grundsätzen auszugehen:

Der Arbeitgeber trage nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich ergeben soll, dass ihm die Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten unmöglich war. Beruft er sich darauf, dass er die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers weder kannte noch kennen musste, kommen ihm die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast zu Gute. Der Arbeitgeber genügt deshalb seiner Darlegungslast zunächst, wenn er behauptet, ihm sei die Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten nicht möglich gewesen, weil ihm die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht bekannt gewesen sei.

Den Arbeitnehmer treffe – bei vom Arbeitgeber behaupteter Unkenntnis – eine sekundäre Darlegungslast. Es sei seine Sache, unter Benennung der ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel konkret vorzutragen, auf welche Weise er den Arbeitgeber in Kenntnis gesetzt hat, oder Umstände zu benennen, aus denen auf die Kenntnis des Arbeitgebers geschlossen werden kann.

Genügt der Arbeitnehmer seiner sekundären Darlegungslast, bleibt es bei dem Grundsatz, dass der Arbeitgeber seine Unkenntnis darlegen und – wenn nötig – beweisen muss. Er muss, will er seiner Darlegungslast gerecht werden, zum Vortrag des Arbeitnehmers konkret Stellung nehmen und für das Gegenteil sprechende Tatsachen und Umstände benennen sowie Beweis antreten. Hat der Arbeitgeber keine eigenen Kenntnisse über die vom Arbeitnehmer behaupteten Tatsachen, kann er sich auf die sich aus dem Vorbringen des Arbeitnehmers ergebenden Beweismittel stützen und die ihm bekannten Anhaltspunkte dafür vortragen, dass er entgegen den Angaben des Arbeitnehmers keine Kenntnis von dessen Behinderung hatte.

Das Wichtigste

1. Sofern Ihnen als Arbeitgeber die Schwerbehinderung eines Arbeitnehmers bekannt ist, kann der Anspruch auf Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen grundsätzlich nur dann verfallen, wenn Sie den Arbeitnehmer durch Erfüllung Ihrer Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten in die Lage versetzt haben, den Urlaubsanspruch zu verwirklichen.

2. Die Befristung bzw. der Verfall des Zusatzurlaubsanspruchs schwerbehinderter Menschen ist jedoch immer dann nicht von der Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten abhängig, wenn es Ihnen als Arbeitgeber unmöglich war, den Arbeitnehmer durch Ihre Mitwirkung in die Lage zu versetzen, den Zusatzurlaub zu realisieren.

3. Haben Sie als Arbeitgeber keine Kenntnis von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers und ist diese auch nicht offenkundig, verfällt der Anspruch auf Zusatzurlaub auch dann mit Ablauf des Urlaubsjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums, wenn Sie als Arbeitgeber Ihren Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten nicht nachgekommen sind.

4. Sofern Ihnen als Arbeitgeber die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht bekannt ist, haben Sie – so das BAG – regelmäßig keinen Anlass, vorsorglich auf etwaigen Zusatzurlaub hinzuweisen und den Arbeitnehmer aufzufordern, diesen ggf. in Anspruch zu nehmen.

Vielmehr können Sie als Arbeitgeber regelmäßig erwarten, dass ein Arbeitnehmer Ihnen seine Schwerbehinderteneigenschaft mitteilt, wenn er den Zusatzurlaub wahrnehmen möchte. Unterlässt der Arbeitnehmer diese Mitteilung, kann er – obwohl der gesetzliche Zusatzurlaub nach § 13 BUrlG nicht disponibel und ein wirksamer Verzicht auf diesen nicht möglich ist – seine Rechte auf den Zusatzurlaub nach dem SGB IX nicht in Anspruch nehmen.

5. Als Arbeitgeber sind Sie somit nicht verpflichtet, jeden Arbeitnehmer anlasslos und gleichsam prophylaktisch auf den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen hinzuweisen. Solange Sie nicht wissen, dass der Arbeitnehmer ein schwerbehinderter Mensch ist, brauchen Sie einen Zusatzurlaub nicht anzubieten.

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Schweigen ist Gold! Die Mitteilung der Kündigung eines Arbeitnehmers an Kunden und die Folgen

In einem vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz entschiedenen Fall endete ein Arbeitsverhältnis aufgrund einer arbeitgeberseitigen Kündigung. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist stellte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer frei. Als Information für die Kunden versandte der Arbeitgeber eine E-Mail, in der er seinen Kunden mitteilte, dass der Arbeitnehmer gekündigt worden und im Anschluss an die Kündigung freigestellt worden sei. Im Verfahren vor dem LAG hatte der Arbeitnehmer für einen datenschutzrechtlichen Verstoß eine Entschädigung in Höhe eines Jahresgehaltes geltend gemacht.

Nachdem sich die Parteien verglichen hatten, hatte das LAG Rheinland-Pfalz (Beschluss . 22.06.2021 8 Sa 338/20) im Rahmen eines Kostenbeschlusses darüber zu entscheiden, ob das geltend gemachte Jahresgehalt (6-stellig) ein angemessenerer Schadenersatz ist.

Zunächst einmal sei vorweggeschickt, dass es sich bei dem in Rede stehenden Sachverhalt (Mitteilung der arbeitgeberseitigen Kündigung + Freistellung) selbstredend um die Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne der DSGVO handelt, sodass die DSGVO und das Bundesdatenschutzgesetz anwendbar sind.

Für jede solche Verarbeitung muss eine Ermächtigungsgrundlage gegeben sein (Art. 5 Abs. 1 a DSGVO). Im Streitfall erlaubte jedoch weder Art. 6 DSGVO noch § 26 BDSG diese Mitteilung an die Kunden. Zwar war die Mitteilung an die Kunden, dass ein bestimmte Mitarbeiter zukünftig nicht mehr erreichbar sei noch erforderlich, gleiches kann jedoch nicht gesagt werden für die Mitteilung, dass der Arbeitnehmer arbeitgeberseits gekündigt und freigestellt worden sei.

Wie das LAG weiter ausführt, liegt aufgrund des Verstoßes gegen die DSGVO auch ein Anspruch auf Schadenersatz gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO vor, da die vorliegend vom Arbeitgeber angeschriebenen Personen für den Arbeitnehmer beruflich relevant gewesen seien und der Empfängerkreis außerdem groß gewesen sei.

Das LAG hielt ein Jahresgehalt als Schadenersatz im Ergebnis für zu hoch angesetzt und sah den Schadenersatzbetrag eher in vierstelliger Höhe.

Was kann daraus gelernt werden?

Zunächst einmal sollten Arbeitgeber sehr vorsichtig sein, wem gegenüber sie was bezüglich der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses kommunizieren.

Bereits bei der Mitteilung einer arbeitgeberseitigen Kündigung sowie einer sofortigen Freistellung liegt eine Datenschutzverstoß vor und kann es daher zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen kommen.

Dies gilt selbstverständlich erst recht, wenn noch weitergehende Informationen, wie z.B. der Kündigungsgrund mitgeteilt werden.

Ferner sollten Sie auch bedenken, dass die DSGVO in Erwägungsgrund 146 vorsieht, dass der Schadenersatz von den Gerichten so zu berechnen ist, dass ein wirksamer Schutz der aus der DSGVO hergeleiteten Rechte gewährleistet wird (z. B.: BAG v. 26.08.021 – 8 AZR 253/20). Je nach Richter kann ein solcher Schadenersatz also auch erheblich höher ausfallen als im vorliegenden Fall.

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