Frist von zwei Arbeitstagen zur Anhörung bei Verdachtskündigung zu kurz

Die Problematik:

Immer wieder stehen Arbeitgeber vor der Situation, dass sie zwar einen starken Verdacht haben, dass ein Arbeitnehmer eine Straftat zu ihren Lasten begangen hat (z.B. Diebstahl, Arbeitszeitbetrug, etc.), sie diese Tat aber nicht vollständig beweisen können. Würde man in einem solchen Fall eine „normale“ Kündigung aussprechen, so würde man vor dem Arbeitsgericht verlieren, da der Beweis für den Kündigungsgrund nicht erbracht werden kann.

Die Lösung:

Für solche Fälle hat die Rechtsprechung die sogenannte Verdachtskündigung entwickelt. Hierbei muss der Arbeitgeber vor Gericht nicht die Tat an sich, sondern nur einen dringenden Verdacht beweisen. Da dies aber im Extremfall dazu führen kann, dass ein „unschuldiger“ Arbeitnehmer gekündigt wird, muss der Arbeitgeber vorher Ermittlungen durchführen und den mutmaßlichen Täter vor Ausspruch der Kündigung zu den Vorwürfen anhören. Tut er dies nicht oder macht er hier Fehler, so ist die Kündigung unwirksam.

Der Fall

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein hatte jüngst einen Fall zu entscheiden, in dem die Parteien über eine fristlose, hilfsweise fristgemäße Verdachtskündigung stritten (Urteil vom 21.03.2018, Az.: 3 Sa 398/17).
Der Kläger war seit 2012 bei der Beklagten beschäftigt. Im Juni 2016 wurde dem Kläger eine andere Tätigkeit zugewiesen, die er aus dem Homeoffice heraus erbringen sollte. In diesem Zusammenhang übergab die Beklagte dem Kläger am 21.06.2016 einen Laptop. Der Kläger wurde am 22.06.2016 arbeitsunfähig krank. Am 25.07./26.07.2016 meldete die Firewall der Beklagten, dass über den dem Kläger zur Verfügung gestellten Laptop größere Datenmengen vom Server der Beklagten heruntergeladen wurden (u.a. Handbücher, Betriebsvereinbarungen, Marketingplanungen etc.). Dem Kläger wurde daraufhin aus Sicherheitsgründen der Zugang gesperrt. Am 01.08.2016 wurde der immer noch arbeitsunfähige Kläger um Herausgabe des Laptops gebeten. Nach Eingang bei der Beklagten wurde festgestellt, dass die Festplattennummer nicht mit derjenigen übereinstimmt, die dem Kläger übergeben wurde. Die Beklagte erstattete daraufhin noch am selben Tag Strafanzeige gegen den Kläger unter allen möglichen Gesichtspunkten. Mit Schreiben vom 04.08.2016 forderte die Beklagte den Kläger unter Hinweis auf eine beabsichtigte außerordentliche Verdachtskündigung auf, zu dem Verdacht Stellung zu nehmen bis zum 08.08.2016. Der arbeitsunfähige Kläger hielt sich zu der Zeit – in Kenntnis der Beklagten – in Berlin auf und äußerte sich nicht. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis daraufhin fristlos, hilfsweise fristgerecht.

Die Entscheidung:

Das LAG gab dem Arbeitnehmer recht und erklärte die Kündigung für unwirksam. Dies deswegen, weil der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß angehört habe.
Eine Verdachtskündigung sei nur dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber mit der gebotenen Zügigkeit alles Zumutbare zur vollständigen Sachverhaltsaufklärung unternimmt und sich sodann (immer noch) der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Vertragsverletzung aufdrängt. Hierzu zählt insbesondere auch die Anhörung des betroffenen Arbeitnehmers, um diesem die Gelegenheit zu geben, etwaige Missverständnisse auszuräumen oder Rechtfertigungsgründe zu benennen. Die Anhörung des Arbeitnehmers ist Wirksamkeitsvoraussetzung der Verdachtskündigung.

Hier lagen zwischen der von der Beklagten behaupteten Übermittlung des Schreibens an den Kläger (04.08.2016, 18:54 Uhr) und Fristende (08.08.2016, 13:00 Uhr) nicht einmal zwei volle Arbeitstage (Freitag und Montag). Angesichts des Umstands, dass sich die Parteien bereits anderweitig in vertraglichen und auch gerichtlichen Auseinandersetzungen befanden, in welchen sich der Kläger stets anwaltlich vertreten ließ, ist die zur Stellungnahme gesetzte Frist bis Montagmittag, 08.08.2016, vorliegend in jeder Hinsicht unangemessen kurz. Dies gilt umso mehr, als dass die Beklagte das Anhörungsschreiben nicht zugleich dem Prozessbevollmächtigten des Klägers – ggf. auch per Fax – zusandte. Außerdem wusste sie, dass der Kläger arbeitsunfähig krank war. Sie musste somit damit rechnen, dass sich dieser gerade nicht durchgängig zu Hause aufhält.

Praxistipp:

Ein Arbeitgeber muss im Rahmen der Verdachtskündigung zum einen den Arbeitnehmer ordnungsgemäß anhören zum anderen § 626 Abs. 2 BGB beachten, der vorsieht, dass eine fristlose Kündigung spätestens 2 Wochen nach Kenntnis von den maßgeblichen Umständen des Vorwurfs der die Kündigung stützen beim Arbeitnehmer zugehen muss. Die Anhörung des Arbeitnehmers muss daher zum einen innerhalb einer kurzen Frist erfolgen; diese Frist darf zum anderen – wie eben gesehen (Urteil des LAG) – aber auch nicht zu kurz sein.

Typischerweise dürfte eine Frist von 1 Woche einerseits ausreichend und andererseits nicht zu lang sein. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände, das heißt bei besonders komplexen Sachverhalten, kann sie überschritten werden (BAG, Urteil vom 20.03.2014 – 2 AZR 1037/12).

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Themenmonat Anfechtung – Teil 2: Anfechtungsgründe

In unserem heutigen Beitrag wollen wir uns näher mit den möglichen Gründen für die Anfechtung des Arbeitsvertrages auseinandersetzen und die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung hierzu genauer unter die Lupe nehmen.
Wie bereits dargestellt, ist zwingende Voraussetzung für eine etwaige Anfechtung ein entsprechender Anfechtungsgrund.

Im BGB sind folgende Anfechtungsgründe geregelt:

Anfechtung wegen Irrtums

Gem. § 119 BGB Absatz 1 kann eine Willenserklärung wegen eines Inhalts- oder Erklärungsirrtums angefochten werden. Ein Erklärungsirrtum liegt dann vor, wenn der Erklärende eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte. Bei einem Inhaltsirrtum irrt der Erklärende über die rechtliche Bedeutung seiner Willenserklärung.

Praxisrelevant ist im Arbeitsrecht zudem der Eigenschaftsirrtum gem. § 119 Abs. 2 BGB. Hier befindet sich der Arbeitgeber bei Vertragsschluss über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Arbeitnehmers im Irrtum.

Das BAG definiert diese Eigenschaften wie folgt:
„Verkehrswesentliche Eigenschaften einer Person bestehen neben ihren körperlichen Merkmalen auch in ihren tatsächlichen oder rechtl. Verhältnissen und Beziehungen zur Umwelt, soweit sie nach der Verkehrsanschauung für die Wertschätzung und die zu leistende Arbeit von Bedeutung und nicht nur vorübergehender Natur sind“ (BAG Urteil v. 21.02.1991 – 2 AZR 449/90).

Diese Voraussetzungen sind allerdings nicht schon deshalb erfüllt, weil der Arbeitgeber mit den Leistungen des Mitarbeiters nach dessen Tätigkeitsbeginn nicht zufrieden ist. Im Grunde sollte hier auf das Fragerecht bzw. die Offenbarungspflichten des künftigen Mitarbeiters abgestellt werden.
Nach Rechtsprechung des BAG stellen beispielsweise Vorstrafen (wenn kein Zusammenhang zwischen Tätigkeit und Vorstrafe besteht) sowie eine Schwangerschaft (mangels Dauerzustandes) keine wesentlichen Eigenschaften i.S.d. § 119 Abs. 2 BGB dar. Vorstrafen, die im direkten Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit bestehen, berechtigen den Arbeitgeber hingegen zur Anfechtung gem. § 119 Abs. 2 BGB.

Anfechtung wegen Täuschung oder Drohung

Gem. § 123 BGB können Willenserklärungen auch wegen arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung angefochten werden.
Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang vor allem die falsche Beantwortung einer zulässigen Frage des Arbeitgebers im Rahmen des Bewerbungsgesprächs oder des Personalfragebogens. Auch ohne entsprechende vorangegangene Frage liegt eine Täuschung des Bewerbers durch Verschweigen vor, wenn diesem eine Offenbarungspflicht obliegt und er diese Pflicht bewusst missachtet hat.
Die Täuschung muss jedoch ursächlich für die Einstellungsentscheidung des Arbeitgebers gewesen sein. Hätte dieser den Mitarbeiter unabhängig davon, wie die Frage beantwortet wird eingestellt, kann er sich später auch nicht auf eine etwaige Täuschung berufen.

Zulässige Fragen sind beispielsweise: Fragen nach den Qualifikationen, Kenntnissen und dem beruflichen Werdegang. Soweit es für die jeweilige Tätigkeit erforderlich ist, kann der Arbeitgeber sich auch nach bestehenden Wettbewerbsverboten erkundigen. Die Frage nach den Vermögensverhältnissen wird wohl, soweit es sich nicht um einen leitenden Angestellten oder einen Mitarbeiter mit besonderer Vertrauensposition handelt, unzulässig sein. Die Frage nach einer Behinderung oder nach einer Vorstrafe ist immer dann zulässig , wenn ihre Beantwortung für die Tätigkeit an sich relevant ist.

Wie bereits dargestellt ist bei einer Anfechtung gem. § 123 BGB zwingend die Jahres-Frist des § 124 BGB zu beachten.

Wenn Sie Fragen zum Thema Anfechtung im Arbeitsverhältnis haben, sprechen Sie uns gerne an.

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Themenmonat Anfechtung – Teil 3: Anfechtung von Aufhebungsverträgen

Arbeitgeber haben, soweit sie einen Mitarbeiter zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages bewegen konnten, naturgemäß ein großes Interesse daran, dass dieser auch Bestand hat. Mit unserem heutigen Beitrag möchten wir uns in diesem Zusammenhang näher mit der Möglichkeit der Anfechtung des Aufhebungsvertrages auseinandersetzen.

Die in den vorangegangenen Beiträgen besprochene Möglichkeit der Anfechtung einer Willenserklärung besteht grundsätzlich auch im Hinblick auf den Aufhebungsvertrag. D.h. der Arbeitnehmer kann die im Aufhebungsvertrag festgehaltene Willenserklärung unter den Voraussetzungen der §§ 119 bzw. 123 BGB anfechten.
Als Anfechtungsgründe kommen der Irrtum über die Erklärung oder eine verkehrswesentliche Eigenschaft sowie die Täuschung oder widerrechtliche Drohung bei Vertragsschluss in Betracht.

In der Praxis werden die hohen Anforderungen der Rechtsprechung hieran jedoch äußerst selten erfüllt sein.

Meist werden Aufhebungsverträge vom Arbeitnehmer unter Berufung auf eine (angebliche) widerrechtliche Drohung des Arbeitgebers, nämlich mit einer außerordentlichen Kündigung und/oder mit einer Strafanzeige angefochten.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Anfechtung wegen der Drohung mit einer Kündigung nur dann möglich, wenn ein verständiger Arbeitgeber nicht mit einer Kündigung hätte drohen dürfen.

Auf die Rechtmäßigkeit der in Aussicht gestellten Kündigung kommt es aber gerade nicht an. Grundsätzlich ist eine Drohung nämlich erst dann widerrechtlich i.S.d. § 123 BGB wenn das Mittel, das heißt, das angedrohte Verhalten, oder der Zweck, also die abgenötigte Willenserklärung, oder jedenfalls die Verknüpfung von beidem widerrechtlich ist.

Dies ist allerdings gerade nicht der Fall, wenn ein vernünftiger Arbeitgeber im Einzelfall eine Kündigung tatsächlich in Erwägung hätte ziehen dürfen.
Das Gleiche gilt im Übrigen für die „Drohung“ mit einer Strafanzeige. Kann dem Arbeitnehmer strafrechtlich relevantes Verhalten zur Last gelegt werden, darf der Arbeitgeber grundsätzlich auch eine Strafanzeige in Erwägung ziehen, selbst wenn sich das Verhalten des Arbeitnehmers nicht gegen ihn sondern gegen seine Kunden richtete. Eine Einbeziehung der äußeren Umstände des Vertragsschlusses sieht die Systematik des § 123 BGB nicht vor. Demnach wird auch bloßer Zeitdruck vom BAG nicht als widerrechtliche Drohung anerkannt. Da das vom Arbeitnehmer als Drohung empfundene Verhalten des Arbeitgebers meist im Personalgespräch unter vier Augen stattfindet, ist im Übrigen der Beweis für den Arbeitnehmer vor Gericht kaum zu führen.

Zudem wird die Ursächlichkeit der Drohung für den Abschluss des Vertrages wohl schon dann zu verneinen sein, wenn der Arbeitnehmer die Situation nutzt, um die Vereinbarung durch Verhandeln (beispielsweise einer Abfindung) zu seinen Gunsten zu beeinflussen.

Eine Täuschung des Arbeitnehmers wurde vom BAG aber beispielsweise dann in Betracht gezogen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Personalgespräch unter Vorlage eines Aufhebungsvertrages erklärt, der gesamte Betrieb müsse stillgelegt werden, während jedoch ein teilweiser Betriebsübergang geplant ist (vgl. BAG Urteil v. 23.11.2006 – 8 AZR 349/06).
Auch eine Anfechtung wegen Irrtums wird in den meisten Fällen kaum in Betracht kommen.

Hier könnte man zwar der Ansicht sein, dass Schwangere oder schwerbehinderte Arbeitnehmer, die ihre Schwangerschaft bzw. Behinderung bei Vertragsschluss nicht kennen, einen Aufhebungsvertrag wegen Irrtums anfechten können, da sie diesen bei Kenntnis ihres besonderen Kündigungsschutzes nicht abgeschlossen hätten.
Nach der Rechtsprechung besteht bei Unkenntnis des Arbeitnehmers über den Umfang seines Kündigungsschutzes aber kein Anfechtungsrecht. Der Arbeitnehmer unterliegt nach Ansicht des BAG in diesem Fall einem unbeachtlichen Motivirrtum.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer seinen körperlichen Zustand unter Umständen falsch einschätzt oder ob ihm die daraus abzuleitenden Rechtsfolgen nicht bekannt sind.

Auch der Irrtum des Arbeitnehmers über etwaige Nachteile des Aufhebungsvertrages, wie zum Beispiel die von der Arbeitsagentur gerne verhängte Sperrzeit, stellt lediglich einen Motivirrtum des Arbeitnehmers dar, welcher nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht zur Anfechtung berechtigt.

Fazit:
Hat der Arbeitnehmer also einmal seine Unterschrift unter den vom Arbeitgeber vorgelegten Aufhebungsvertrag gesetzt, wird er sich von diesem nur in seltenen Ausnahmefällen lösen können.
Wenn Sie Fragen zum Thema Anfechtung im Arbeitsverhältnis haben oder eine Beratung im Einzelfall wünschen, sprechen Sie uns gerne an.

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Themenmonat Anfechtung – Teil 4: Die Anfechtung der Kündigungserklärung

Zum Abschluss des Themenmonats wollen wir uns heute noch näher mit der Anfechtung einer Kündigungserklärung befassen und einige Praxistipps zum Ausspruch der Anfechtung geben.

Anfechtung der Kündigungserklärung

In der Praxis kommt es häufig vor, dass der Arbeitnehmer, nachdem der Arbeitgeber etwa strafrechtlich relevantes Verhalten aufgedeckt hat und eine fristlose Kündigung in Aussicht gestellt hat, das Arbeitsverhältnis „um Schlimmeres zu vermeiden“ selbst kündigt. Nach Ausspruch der vorschnellen Kündigung werden dem Arbeitnehmer die weitreichenden Konsequenzen bewusst und die Kündigungserklärung wird angefochten.

Eine Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Ist sie dem Empfänger einmal zugegangen, kann sie nur unter besonderen Umständen angefochten und damit „rückgängig“ gemacht werden. Möchte ein Arbeitnehmer seine Eigenkündigung gerichtlich anfechten, ist er allein darlegungs- und beweisbelastet für alle für die Anfechtung erheblichen Umstände. Hier gelten wiederum die §§ 119, 123 BGB. Ein Grund wäre zum Beispiel eine rechtswidrige Drohung des Arbeitgebers, die mit der Eigenkündigung abgewendet werden sollte. Doch auch hier gilt: Droht ein Arbeitgeber mit der außerordentlichen Kündigung und durfte ein verständiger Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung ernsthaft in Erwägung ziehen, ist eine widerrechtliche Drohung zu verneinen.

Das BAG führte zu einem solchen Fall Folgendes aus:
„Nur wenn unter verständiger Abwägung aller Umstände des Einzelfalls der Arbeitgeber davon ausgehen muss, die angedrohte Kündigung werde im Falle ihres Ausspruchs einer arbeitsgerichtlichen Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten, darf er die Kündigungserklärung nicht in Aussicht stellen, um damit den Arbeitnehmer zu einer Eigenkündigung oder zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu veranlassen (Senat 9. März 1995 – 2 AZR 644/94 – BB 1996, 434).“

Auch hier wird der Arbeitnehmer also in der Praxis wenig Erfolg mit seiner Anfechtung haben. Die Rechtsprechung stellt ebenso, wie im Rahmen des Aufhebungsvertrages sehr hohe Anforderungen an das Vorliegen der Anfechtungsgründe sowie deren Darlegung.

Praxistipps zur Anfechtung

Abschließend kann zu diesem Themenmonat Folgendes festgestellt werden:

1. Der Arbeitgeber sollte bei bestimmten Sachverhalten durchaus auch die Möglichkeit der Anfechtung des Arbeitsverhältnisses in Betracht ziehen. Anlass hierzu können beispielsweise gefälschte Zeugnisse oder offensichtlich falsche Behauptungen im Vorstellungsgespräch geben. Durchaus sinnvoll kann in derartigen Fällen die Erklärung der Anfechtung des Arbeitsvertrages neben dem Ausspruch einer Kündigung sein.

2. Wurde eine fristgemäße Kündigung erklärt, kann diese nicht in eine Anfechtung umgedeutet werden. Die Umdeutung ist unzulässig, das ersatzweise Rechtsgeschäft darf nicht weiter reichende Folgen haben als das ursprüngliche Rechtsgeschäft. Die wirksame Anfechtung führt im Gegensatz zur ordentlichen Kündigung zu einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Grundsätzlich zulässig ist dagegen eine Umdeutung einer fristlosen. Kündigung in eine Anfechtung, wobei das BAG jedoch eine Umdeutung auch dann für unzulässig erachtet, wenn der Anfechtungsberechtigte seine Wahl ausdrücklich und klar bezeichnet hat.

3. Zwar sind die im Arbeitsverhältnis empfangenen Leistungen wie bereits dargestellt prinzipiell nicht rückabzuwickeln. In besonders krassen Fällen hat das BAG den Arbeitnehmer jedoch genau hierzu verurteilt. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer mit Aufnahme der Tätigkeit gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (vgl. BAG, Urteil vom 3. November 2004 – 5 AZR 592/03). In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Arbeitnehmer eine Approbationsurkunde gefälscht und vorgegeben Arzt zu sein. Als solcher hatte er auch über einen geraumen Zeitraum praktiziert. Eine entsprechende Zulassung, um als Arzt tätig zu werden, besaß er allerdings zu keinem Zeitpunkt. Der Arbeitgeber hätte den Arbeitnehmer in diesem Fall gar nicht beschäftigen dürfen. In diesem Zusammenhang wurde vom BAG nicht einmal der Wert der erbrachten Arbeitsleistung berücksichtigt, da der Arbeitnehmer in einem derartigen Fall nicht schutzwürdig ist. Der Arbeitgeber kann in solchen Fällen also die bereits bezahlte Vergütung zurückfordern.

Wenn Sie Fragen zum Themenmonat Anfechtung im Arbeitsverhältnis haben oder eine Beratung im Einzelfall wünschen, sprechen Sie uns gerne an.

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Vorsicht am Ende der Ausbildung – bei einem Fehler des Arbeitgebers kann ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstehen!

Das Problem

Ausbildungsverhältnisse sind befristet. Genau wie bei normalen befristeten Arbeitsverhältnissen (§ 15 Abs. 5 Teilzeit- und Befristungsgesetz) gilt auch bei Auszubildenden die Regelung, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht, wenn der Auszubildende im Anschluss an eine Ausbildung weiterarbeitet ohne dass etwas vereinbart wurde (§ 24 Berufsbildungsgesetz).

In diesem Fall können Sie als Arbeitgeber nicht mehr die positiven Folgen einer Befristung nutzen (automatisches Ende; kein Kündigungsschutz; kein Sonderkündigungsschutz; keine vorherige Betriebsratsanhörung); es bleibt nur noch das entstandene unbefristete Arbeitsverhältnis zu kündigen mit den üblichen Risiken einer solchen Kündigung (insbesondere Abfindungszahlung bzw. Annahmeverzug).

Der Fall

Ein Auszubildender legte im Juni 2014 den schriftlichen Teil der Abschlussprüfung und am 4. Juli 2014 die fachpraktische Prüfung ab. Seine Ergebnisse lagen im August 2014 vor. In der schriftlichen Prüfung waren die Prüfungsleistungen des Klägers in zwei Prüfungsbereichen mit mangelhaft bewertet worden, so dass eine mündliche Ergänzungsprüfung erforderlich wurde, welche er am 22.08.14 erfolgreich ablegte. Der Prüfungsausschussvorsitzende unterrichtete den Azubi noch am selben Tag über das Ergebnis und das Bestehen der Ergänzungsprüfung.
Am 25.08.2014 erhielt der Azubi ein Sachreiben seines Ausbildungsbetriebes, in dem ihm unter anderem mitgeteilt wurde:
„… mit diesem Schreiben bestätige ich Ihnen, dass Sie in der Zeit von 01.09.2011 bis zum 29.08.2014 Auszubildender bei uns waren.
Die Abschlussprüfung haben Sie am 22.08.2014 erfolgreich bestanden. Die Ausbildung endet mit der Zeugnisausgabe am 29.08.2014.“

Der Azubi war vom 25. bis zum 29.08.14 bei seinem Ausbildungsbetrieb tätig und erhielt für diese Zeit Ausbildungsvergütung. Die Parteien schlossen unter dem 29.08.14 einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 30.08.14 bis zum 29.08.15 und verlängerten diesen dann am 11.08.15 bis zum 29.08.16.
Als der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach dem 29.08.16 nicht weiterbeschäftigen wollte, klagte der Arbeitnehmer gegen die Wirksamkeit der Befristung mit dem Argument des sogenannten Vorbeschäftigungsverbotes. Danach ist eine Befristung unwirksam, wenn bereits vorher ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden hat (§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG).
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat zu Gunsten des Arbeitsnehmers (bzw. der ehemaligen Auszubildenden) entschieden.

Die Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 20.03.2018 (Az.: 9 AZR 479/17) die Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes aufgehoben und dem Arbeitnehmer Recht gegeben.

In seiner Entscheidung führt es aus, dass in § 21 Abs. 2 Berufsbildungsgesetz klar geregelt sei, dass die Ausbildung vor dem vereinbarten Ablauf Ende, wenn der Auszubildende die Prüfung bestehe. Der maßgebliche Zeitpunkt für das Ende der Ausbildung ist nach § 21 Abs. 2 die Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss.

Somit sei im vorliegenden Fall durch die Weiterbeschäftigung nach Ende der Ausbildung vom 25.-29.08.14 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden und die daran anschließende Befristung sowie deren Verlängerung unwirksam gewesen.

Praxistipp

Sollte ein Auszubildender bei Ihnen seine Prüfung also bereits vor Ende des Ausbildungsverhältnisses erfolgreich abgelegt haben und ihm das Ergebnis auch bereits mitgeteilt worden sein, müssen Sie entweder die Beschäftigung des Azubis sofort einstellen oder eine entsprechende vertragliche Vereinbarung (ggf. auch befristet) vor der Fortsetzung seinen Tätigkeit schließen. Tun Sie dies nicht, ist eine spätere Trennung nur noch mit Kündigungsgrund und den Risiken eines Kündigungsschutzprozesses möglich.

Bei Fragen oder Beratungsbedarf wenden Sie sich gerne an uns. Auch kommen wir gerne zu einem Inhouse-Seminar zu Ihnen. Dabei können Sie die Inhalte frei bestimmen und erhalten somit viele praxisrelevante Informationen, die auf Sie bzw. Ihre Firma zugeschnitten sind. Sprechen Sie uns gerne an!

Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht Hamburg erhält man auch unter https://scharf-und-wolter.de/fachanwalt-hamburg/fachanwalt-arbeitsrecht/ sowie unter Anwalt Hamburg